18.03.2025 - 09:00 Uhr | News | Quelle: dpa
Kind als Karrierehemmnis? Wübbenhorst nach Baby-Pause zurück
![[Bild: t_2808_472_2012_1.jpg]](https://www.soccerdonna.de/static/bilder_sd/spielerfotos/t_2808_472_2012_1.jpg)
©BV Cloppenburg
Imke Wübbenhorst hat als eine der ersten Frauen Männer-Teams betreut - und sexistische Beleidigungen kennengelernt. Nach nur 14 Wochen Baby-Pause kehrt sie zurück. Wie wird das funktionieren?
Imke Wübbenhorst hat alles für ihr Comeback vorbereitet. Zur Verstärkung ist seit diesem Wochenende auch ihre Mutter Kerstin in Bern. Sie wird sich in den kommenden zwei Monaten um Söhnchen Bendt kümmern, wenn Mama Imke und auch Papa Urs beruflich eingespannt sind.
«Meine Mutter läuft mir quasi mit dem Kleinen hinterher, weil ich weiter stillen werde, sodass ich ihn immer anlegen kann», erzählte die 36-Jährige der Deutschen Presse-Agentur bei einem Gespräch in Bern, bei dem auch der Nachwuchs ganz geduldig dabei war.
Nur 14 Wochen Baby-Auszeit
Die Auricherin Wübbenhorst kehrt am Samstag im Ligaspiel gegen Grasshopper Zürich nach 14 Wochen Mutterschaftsurlaub auf die Trainerbank bei den YB Frauen zurück. Planung erleichtert vieles.
Aber der Alltag als Profitrainerin und Mutter mit einem gerade einmal dreieinhalb Monate alten Jungen ist eine ganz eigene Herausforderung. In Deutschland kehrte Theresa Merk ein gutes halbes Jahr nach der Geburt ihrer Tochter auf die Trainerbank des Bundesligisten SC Freiburg zurück.
Technischer Leiter als Vertretung
Ein Kind als Karrierehemmnis? «Ich habe mir nie Gedanken darüber gemacht, weil ich davon überzeugt bin, dass ich alles hinbekomme, auch weil ich familiär eine super Unterstützung bekomme und YB voll hinter mir steht», entgegnete Wübbenhorst.
Seit ihrem Abschied in den Mutterschutz Ende November hat sie der Technische Leiter Rolf Kirchhofer, der die Berner Fußballerinnen schon früher erfolgreich trainiert hat, vertreten.
Job-Tandem?
«Er hat schon gesagt: ’Imke, magst du noch eine Woche länger’ (lacht) Die Mannschaft macht eben Spaß», erzählte Wübbenhorst. «Wir haben uns auch zusammen mit der Geschäftsführung viele Gedanken gemacht, was die beste Lösung ist», meinte Kirchhofer. «Es ist gut aufgegangen.»
Ein Job-Tandem mit Kirchhofer, um privat mehr Zeit zu haben, kam Wübbenhorst nicht in den Sinn. «YB ist sehr fortschrittlich und sehr offen. Wenn ich so etwas anstreben würde, würde der Verein vermutlich auch mitgehen», sagte Wübbenhorst. «Ich bin aber nicht der Typ, soviel aus der Hand zu geben. Ich möchte wieder zu 100 Prozent zu meiner Mannschaft zurück.»
«Es ist wichtig, dass Frauen diesen Weg gehen»
Wübbenhorst ist eine Pionierin im Fußball, auch wenn sie sich selbst nicht so bezeichnen würde. Die frühere deutsche Nachwuchs-Nationalspielerin hatte 2020 für Schlagzeilen gesorgt, als sie als erste Frau nach Inka Grings (SV Straelen) in Lotte einen Männer-Viertligisten betreute. Heute gibt es in Sabrina Wittmann beim FC Ingolstadt sogar eine Drittliga-Trainerin.
«Ich habe anfangs nie darüber nachgedacht, ob ich eine Pionierin sein will. Ich wollte einfach nur meinen Job ausüben, eine gute Trainerin sein und Spaß haben», sagte Wübbenhorst, die begeisternd erzählen kann. «Man merkt dann aber, dass das doch keine Selbstverständlichkeit ist und man auf viele Widerstände stößt. Es ist also wichtig, dass Frauen diesen Weg gehen.»
Mit Schlagfertigkeit gegen Sexismus
Und so ein Weg kann auch von Sexismus begleitet werden. Etwa auf der Station Cloppenburg, als sie von Fans aufs Übelste beleidigt wurde. Oder auf der Station Viktoria Köln, als sie 2021/22 als Co-Trainerin Analyse beschäftigt war.
«Mühsam war es, mit Leuten zusammenzuarbeiten, die Probleme alleine mit meinem Geschlecht hatten, aber gar nichts gegen meine fachliche Qualifikation sagen konnten», erzählte Wübbenhorst. «Das war bei Viktoria Köln so, als bei einer Gegneranalyse einer aus dem Trainerstaff meinte: ’Wir lassen uns hier von einer Frau über eine halbe Stunde etwas über Fußball erzählen. Das hätte es vor ein paar Jahren nicht gegeben.’»
«Nie in eine Opferrolle» drängen lassen
Wübbenhorst ist schlagfertig, sie kann solche Situationen auch mit der nötigen verbalen Schonungslosigkeit auflösen. 2019 wurde sie für den Fußballspruch des Jahres ausgezeichnet. «Ich bin Profi. Ich stelle nach Schwanzlänge auf», war ihre scherzhafte Antwort auf die Frage, ob sie eine Sirene auf dem Kopf tragen werde, bevor sie zu ihren Spielern in die Kabine komme. «Ich habe mich nie in eine Opferrolle drängen lassen. Ich habe auch nie unter diesen vulgären Aussagen gelitten», sagte Wübbenhorst.
Warum nicht eine Ära wie Streich in Freiburg?
Nach der turbulenten Zeit im Männerfußball kam die Station Bern im Sommer 2022 für Wübbenhorst gerade recht. «Es hat damals super Spaß gemacht mit den Jungs, gleichzeitig hast du immer das Gefühl gehabt, im Schaufenster zu stehen und dich beweisen zu müssen. Du bist schnell in einen Rechtfertigungsmodus geraten, dessen war ich leid», erzählte sie.
«Ich wollte wieder in Ruhe arbeiten, ohne dass alles beäugt wird. In Bern war es schön zu erleben, wie ich im Frauenfußball geschätzt werde, vermutlich auch weil ich früher selber gespielt habe», sagte Wübbenhorst. «Ich hoffe, noch ein paar Jahre in Bern trainieren zu können. Warum nicht eine Ära prägen wie einst Christian Streich in Freiburg?»
Quelle
20.03.2025 - 09:57 Uhr | News | Quelle: Soccerdonna | von: Emilie Bitsch
Oliwia Woś über die EM-Quali: Ein Erlebnis für mein ganzes Leben
![[Bild: s_26541_469_2012_1.jpg]](https://www.soccerdonna.de/static/bilder_sd/spielerfotos/s_26541_469_2012_1.jpg)
©FC Basel 1893
Oliwia Woś (25) hat in ihrer noch jungen Karriere bereits viele Stationen durchlaufen und dabei wertvolle Erfahrungen gesammelt. Seit dieser Saison spielt die robuste Innenverteidigerin in der Schweiz für den FC Basel, wo sie nicht nur mit ihrer Defensivstärke, sondern auch mit ihrer Torgefährlichkeit überzeugt. Doch ihr größter Erfolg kam 2023 mit der polnischen Nationalmannschaft: Erstmals in der Geschichte qualifizierte sich das Team für die Europameisterschaft – ausgerechnet in ihrer neuen Heimat der Schweiz. Über diesen Meilenstein, ihren nicht ganz gewöhnlichen Karriereweg, ihre Torgefährlichkeit und die Entscheidung für Polen als doppelte Staatsbürgerin haben wir mit ihr gesprochen.
Soccerdonna: Oliwia, Du bist jetzt seit drei Jahren in der Schweiz. Wie hast Du dich mittlerweile so eingelebt?
Oliwia Woś: Die Schweiz macht es einem mega einfach, sich einzuleben. Dadurch, dass ich vor zwei Jahren in Zürich schnell sehr coole Leute gefunden habe, haben sie mich auch überall mitgenommen. Sie haben es mir extremst einfach gemacht und dafür bin ich dankbar, weil ich glaube, dass es nicht überall so ist.
Soccerdonna: Hinzu kommt auch noch die Sprache, die etwas anders ist, vor allem durch die verschiedenen Dialekte. Bist Du damit gut klargekommen oder hattest Du damit Probleme?
Oliwia Woś: Probleme? Nein, aber der Dialekt war am Anfang nicht so einfach zu verstehen. Ich finde, wenn man das direkt anpackt, dann versteht man den auch nach drei Monaten. Wenn man sich hingegen damit gar nicht befasst, dann versteht man es auch nach drei Jahren nicht. Aber ich sage dann immer „selber Schuld“. Ich finde, das gehört dazu, wenn man in ein neues Land geht und sich einleben will, dass man die Sprache versteht.
Soccerdonna: Bevor Du in die Schweiz gewechselt bist, hast Du in den USA, in Deutschland und in Polen gelebt. Vermisst Du irgendwas von dort, sei es die Kultur oder die Menschen? Oder bist Du zufrieden in der Schweiz?
Oliwia Woś: Ich vermisse schon die Nähe meiner Familie. Ich war mir aber immer sicher, dass ich selber raus in die Welt muss. Einfach, damit ich mich als Mensch weiterentwickle und das kann man nicht, wenn man in seiner Komfortzone bleibt. Bei mir habe ich das einfach gemerkt, dass ich oft Sachen machen muss, die sich richtig anfühlen, um mich weiterzuentwickeln. Zum Beispiel auch, als ich nach Amerika gegangen bin. Ich war 17 oder 18, als ich dieses Gespräch bzgl. Amerika hatte. Ich bin aufgestanden und ich wusste, ich will da hin. Dieses Bauchgefühl hat mich immer begleitet und ich glaube, dadurch fiel es mir auch einfach Sachen nicht zu vermissen, weil es für mich klar war, dass ich es so machen möchte. Klar, das Essen von meinen Eltern oder einfach auch zusammen mit ihnen zu sein oder sie schnell mal einfach sie zu besuchen – das vermisse ich natürlich sehr. Aber ja, wir sind halt alle Individuen und müssen irgendwie unser Leben leben.
Soccerdonna: Wie oft siehst Du mittlerweile deine Familie?
Oliwia Woś: Inzwischen sehe ich sie schon öfter. Ich fahre trotzdem relativ selten nach Hause, weil es jedes Mal mit einem größeren Aufwand verbunden ist. Aber meine Eltern oder meine Geschwister kommen eigentlich relativ oft vorbei, so alle drei Monate. Sie fliegen auch oft nach Polen, was ich mega schön finde. Das hatte ich so gar nicht in Amerika, dass ich sie oft gesehen habe, meistens nur zweimal im Jahr. Dadurch, dass sie näher an der Schweiz leben, kommen sie auch gerne hierher. Vor allem, weil sie die Schweiz lieben. Sie kommen auch manchmal nur für das Land hierher, weil es hier so schön ist.
Soccerdonna: Aber in die Schweiz ziehen wollen sie nicht?
Oliwia Woś: Meine Schwester Julia redet immer davon, sie würde gerne. Aber meine Eltern und meine andere Schwester, das wird nichts.
Soccerdonna: Vielleicht zieht deine Schwester irgendwann in die Schweiz…
Oliwia Woś: Ich wünsch es mir. Ich habe schon gesagt, dass ich mit ihr dann zusammenleben will.
Soccerdonna: Du hast vorhin bereits erwähnt, dass Du vorher beim FC Zürich gespielt hast. Diese Saison bist Du nun zum FC Basel gewechselt. Was waren deine Beweggründe?
Oliwia Woś: Ich habe einfach gemerkt, dass ich irgendwie unglücklich und unzufrieden war. Ich hatte einfach eine Unruhe in mir. Vielleicht war es auch einfach, weil ich eine sehr große Erwartungshaltung an mich selbst hatte und das Gefühl, dass ich die nichts mehr erreichen kann in Zürich. Den genauen Grund, warum ich mich gegen Zürich entschieden habe, kann ich bis heute nicht sagen. Ich kann nur sagen, warum ich mich für Basel entschieden habe. Ich habe gefühlt, dass ich diese eine neue Rolle brauchte und das neue Trainerteam mich überzeugt hatte. Ich wollte ein Teil von diesem Team unter diesen Trainern sein. Der Wechsel war für mich trotzdem extrem schwer und mir ging es auch gar nicht gut in der Zeit. Im Kopf war es so
„Ich kann nicht“, aber mein Bauchgefühl hat es mir einfach gesagt. Ich bin extrem glücklich, dass ich das gemacht habe, weil ich glaube, dass muss man sich auch erst mal trauen, dann von Zürich nach Basel zu gehen.
Soccerdonna: Es ist auch ein großer Schritt gewesen. Noch dazu seid Ihr derzeit sehr erfolgreich in der Women’s Super League – nach dem Sieg am vergangenen Wochenende gegen GC Frauenfußball F* seid Ihr nun punktgleich mit Servette FC und somit Tabellenführer und habt sie im Pokal im Elfmeterschießen geschlagen. Hättest du Dir vor der Saison gedacht, dass Ihr so erfolgreich seid?
Oliwia Woś: Ich glaube, ich hätte den Wechsel sicher nicht gemacht, wenn ich nicht das Potenzial vom FC Basel gesehen hätte. Das war schon ein Riesenpunkt. Ich will gewinnen. Ohne die Erwartungshaltung hätte ich auch irgendwo anders hingehen können. Gerade eben sind wir mega gut als Team. Es braucht seine Zeit, bis man so eingespielt ist und die Abläufe sitzen. Diese Entwicklung merkt man dann eben auch bei so schwierigen Spielen wie gegen GC oder Servette ganz aktuell.
Soccerdonna: Was hast du Dir selbst für ein Ziel gesetzt? Jetzt zukünftig auch beim FCB?
Oliwia Woś: So viele Tore zu schießen, wie es geht? (lacht) Nein, ganz im Ernst, ich glaube, mein Ziel ist es einfach diese Rolle, die ich gerade habe, gut ausfüllen zu können und einfach zu versuchen dem Team zu helfen, wo es geht. Eine meiner Stärken ist angeblich auch die Präsenz, die ich habe. Ich möchte mit meiner Art und meinem Auftreten immer zeigen, dass ich bereit bin. Das Fußballerische und alles andere kommt dann automatisch.
Soccerdonna: Zum Thema Tore schießen – Du bist eine sehr torgefährliche Innenverteidigerin, was natürlich recht ungewöhnlich ist, da man als Innenverteidigerin ja eher Tore verhindert. Aber was ist so dein Geheimnis? Oder wie versuchst Du so torgefährlich zu bleiben?
Oliwia Woś: Mir wird oft gesagt, dass ich eine Spielerin mit viel Wucht bin. Ich glaube, diesen Schwung habe ich halt oft in diesen Aktionen, wo ich irgendwie in so einen Rausch komme. Natürlich, man kann so taktisch sein, wie man will, aber es gibt Momente, da kannst du dich einfach frei entfalten. In gewissen Spielen spüre ich das. Dann schieße ich einfach von irgendwo und dann klappt es irgendwie auch. Aber auch, weil ich das schon seit Jahren mache. Ich denke da gar nicht mehr dran. Ich merke einfach, ich habe den Schwung und das Selbstvertrauen und dann läuft's. Noch zusätzlich spüre ich die Bestimmung oder auch Verantwortung, dass ich da einen Unterschied machen kann und will. Ich will eine Unterschiedsspielerin sein und das macht mich dann auch mental aus. Ich hoffe, dass ich das immer abrufen kann, weil da natürlich auch sehr, sehr viel Disziplin und Überzeugung dahintersteckt.
Soccerdonna: Dann ist das jetzt eine schwierige Frage: Was ist denn für Dich wichtiger – zu Null zu spielen, also dass Du jede Aktion, jeden Angriff vereitelst oder eben selbst das Siegtor schießt?
Oliwia Woś: Keine Ahnung. Wenn wir jetzt das Spiel FCB gegen FCZ als Beispiel nehmen, da habe ich noch bei Zürich gespielt. Wir kriegen das 0:1 und da habe ich den Ausgleich eingeleitet zum 1:1. Wir haben am Ende das Spiel 2:1 gewonnen. Ich wusste auch an dem Tag
„Oliwia, ich bin heute richtig, richtig bereit.“ Dieses Gefühl, was ich in dem Moment habe, ist schon heftig, weil es temporär eine extreme Euphorie ist. Das andere Beispiel ist dann, wenn ich konstant jeden Zweikampf gewinne, dann bin ich 90 Minuten lang konstant gut drauf. Das ist mein Job, finde ich. Wenn ich dann ein Tor schieße, ist es für mich
„Okay, jetzt hast du nochmal einen draufgesetzt.“ Deswegen würde ich vielleicht doch sagen Siegtreffer.
Soccerdonna: Im vergangenen Jahr hast Du dich mit der polnischen Nationalmannschaft durch die zwei Siege in der Play-Off Runde gegen Österreich erstmals für eine Europameisterschaft qualifiziert. Für Polen war es die erste Qualifikation für ein großes Turnier. Hast Du es mittlerweile realisiert oder ist es immer noch surreal?
Oliwia Woś: Ich habe es mittlerweile schon realisiert. Ich rede gar nicht so oft darüber, aber es ist mega präsent. Das ist so ein
happening und für mich ist es einfach so das geilste Gefühl, dass ich ein Teil dieser zwei Spiele sein durfte. Das wird mich für mein ganzes Leben begleiten.
Soccerdonna: Was war denn dein erster Gedanke nach dem Abpfiff beim Rückspiel in Österreich?
Oliwia Woś: Ich dachte mir so
„What the f*ck?“ (lacht). Alle um mich herum haben angefangen zu weinen, dann habe ich mitgeweint. Es war so surreal.
Soccerdonna: Kannst Du die Stimmung im Team vor, während und nach der EM-Quali beschreiben? Wusstet Ihr von vorne rein, dass Ihr das Schaffen werdet?
Oliwia Woś: Ich finde unser Weg war relativ schwierig. Vor allem durch die Nations League, die wir hatten und durch die Mannschaften, gegen die wir spielen mussten. Dadurch, dass wir da erstmal nicht gut abgeschnitten haben, waren wir erst mal alle so
„Okay, es ist schwieriger, als wir dachten.“ Aber unsere polnische Mentalität ist so, dass wir niemals aufgeben. Diese Mentalität hast du genau in diesen zwei Spielen gegen Österreich extremst gesehen. Wir haben nicht nur einfach zwei Tore geschossen, wir haben auch zu null gespielt. Das macht auch nochmal einen Unterschied. Wir haben das Spiel vielleicht nicht mit viel Ballbesitz gewonnen, aber mit Überzeugung und dieser mentalen Einstellung, dass wir das jetzt schaffen. Vor allem, als ich dann gesehen habe, wie wir aufgetreten sind, da wusste ich
„Okay, wir sind wirklich bereit dafür.“
Soccerdonna: Ihr habt auch die zwei vergangenen Nations League Spiele gewonnen. Wie hat es Euch nochmals beflügelt, jetzt auch mit Hinblick auf die EM, dass es jetzt schon bald losgeht?
Oliwia Woś: Ich finde, es gibt immer so einen natürlichen Druck, den du bekommst. Natürlich auch vom Verband, von dir selbst und von den Mitspielerinnen. Der Druck ist schon groß, aber jeder weiß, worum es geht. Das ist bei uns gerade noch extremst präsent. Jeder von uns ist sich bewusst, aber gleichzeitig möchte jeder einfach seine Arbeit machen und ist gut gelaunt. Die Atmosphäre ist echt gut, wie beim ersten Spiel gegen Irland. Beim zweiten Spiel gegen Rumänien, da haben wir uns ein bisschen verloren. Die
Connection war nicht so extrem da, aber ich finde trotzdem, dass wir dann doch das Spiel gewinnen, zeigt, dass wir auch ein sehr schwieriges Spiel auf schlechtem Rasen hinbekommen. Das sind so die kleinen Sachen, an die wir uns jetzt halten müssen.
Soccerdonna: Noch dazu habt Ihr eine Hammer EM-Gruppe zugelost bekommen, mit Deutschland, Schweden und Dänemark. Habt Ihr Euch schon ein bisschen darüber Gedanken gemacht?
Oliwia Woś: Nee, ich glaube, es ist wirklich so, dass wir jetzt diese Nations League erst mal gut hinbekommen müssen. Das ist dann auch automatisch die Vorbereitung auf diese Teams. Das ist ja das Coole an dieser EM, dass wir uns mit diesen Mannschaften messen dürfen, weil das bekommen wir nicht so oft. Jetzt in der Vorbereitung geht es einfach darum, dass wirklich jeder in der Verantwortung ist, damit wir dann als Team auftreten. Dann ist Polen immer am stärksten.
Soccerdonna: Wie sehr freut Ihr Euch auf die EM?
Oliwia Woś: In jedem Training, wenn wir in Polen sind, gibt es so eine Motivationsansprache. Ich finde diese Reden sind schön und erinnern dich daran, was wir erreichen wollen. Auch die Frage, die du mir geradegestellt hast – Ich finde es schön, wenn Leute mich das fragen, denn ich vergesse oft, dass ich mich darüber so freuen darf. Und wenn wir eben zusammen in Polen als Team dann Meetings haben und kurz mal so einen Rückblick hören, dann bin ich immer so
„Geil, ich darf mich darauf freuen.“ Ich bin jemand, die total verbissen ist in ihrem Job. Es ist wichtig für mich auch mal sagen zu können
„Hey, du hast es gut gemacht. Wir freuen uns jetzt und wir haben einfach Spaß.“
Soccerdonna: Du hast die doppelte Staatsbürgerschaft. Das heißt, Du hättest auch für die deutsche Nationalmannschaft spielen können. Wieso hast Du Dich dann für Polen entschieden?
Oliwia Woś: Ich finde es immer spannend, darüber nachzudenken. Früher als Kind war mir das gar nicht so bewusst, dass ich für Polen oder Deutschland spielen kann. Früher habe ich einfach Fußball gespielt. Jetzt in den letzten Monaten war ich so
„Interessant, ich hätte ja wirklich für Deutschland spielen können.“ Aber ich bin einfach nicht deutsch. Meine Kultur, wer ich bin, woher ich komme, meine Umstände und wie ich geworden bin, kam alles durch meine polnische Familie. Wenn ich an meine Kindheit denke, dann ist es und war es immer Polen. Es war diese emotionale Entscheidung. Damals gab es eine Situation, da hätte ich zu einem Lehrgang gehen können und ich dachte mir so, dass ich nicht möchte. Klar, ich wollte gleichzeitig auch die beste Ausbildung haben, die es gibt. Ich war auch bei der Westfalenauswahl und habe mein ganzes Leben vor dem College in Deutschland gespielt. Viele geben alles dafür, dass man dann bei der deutschen Nationalmannschaft spielt. Aber ich habe anders entschieden. Ich habe einfach gesagt
„Nein, ich bin Polin“ und ich treffe diese Entscheidung aus voller Überzeugung.
Soccerdonna: Damit bist Du einen recht ungewöhnlichen Weg gegangen. Du hast in Deutschland gespielt, bist in die USA gegangen, bist jetzt in der Schweiz und spielst für die polnische Nationalmannschaft. Würdest Du das genauso machen oder würdest Du es anders machen?
Oliwia Woś: Ich glaube für mich ist die Frage schwierig zu beantworten, weil ich nicht weiß, was anders wäre. Ich bin extrem glücklich, welcher Mensch ich gerade werden kann. Menschen, die ich in der Schweiz gefunden habe und Menschen, die mir über meinen Weg gelaufen sind, haben mir so viel beigebracht. Ich bin happy, dass ich diesen Weg genommen habe. Es gibt Situationen, wo ich früher gedacht habe
„Warum habe ich nicht das gemacht?“ Weißt du, diese klassischen Dinge, wo du denkst, du bist nicht gut genug, weil du beispielsweise noch nicht beim FC Bayern gespielt hast als 17-Jährige. Das ist mir jetzt egal. Da ist mein Weg einfach ein bisschen anders. Ich bin extremst glücklich, wer ich gerade bin. Ich finde, Glücklichsein ist oftmals nicht so einfach in diesem Beruf.
Soccerdonna: Was konntest Du jetzt bereits alles Lernen auf deinem Weg?
Oliwia Woś: Die Begegnung mit Menschen. Ich bin offen für Input von anderen, mag es von Leuten zu lernen und deren Perspektiven wahrzunehmen. Wenn du aber nur in deiner Bubble bleibst, dann kannst du das einfach nicht machen. Das war schon immer so eine Sache, die mir viel über mich beigebracht hat. Diese Menschen, die mir eine Chance gegeben haben zu sagen
„Hey Oliwia, wer bist du denn eigentlich?“ die geben mir viel. Wenn wir ehrlich sind, bin ich seit sechs, sieben Jahren komplett auf mich alleine gestellt, auch in Amerika. Ich bin komplett allein gewesen und das sind so Sachen, die kriegst du nicht anders hin, wenn du nicht offen bist. Du musst vor allem auch Hilfe annehmen können. Ich habe echt viel Hilfe gebraucht.
Soccerdonna: Das ist auch eine ganz andere Erfahrung, wenn man alleine tausende von Kilometern da ein ganzes Leben aufbauen musst. Lass uns über deine Vorbildrolle sprechen. Gerade durch die EM-Quali hast Du eine größere Vorbildrolle für Kinder speziell für Mädchen in Polen. Was möchtest Du diesen weitergeben?
Oliwia Woś: Oh ja, ich finde das eines der schönsten Sachen, wenn ich ein Kind anschaue und ich gerade merke, dass es mega Freude hat mit mir Fußball zu spielen, aber auch Freude hat einfach zu zeigen
„Hey, schau wie ich dreimal den Ball hochhalte.“ Das sind diese kleinen Momente, warum wir das alles machen, und die geben mir so viel. Auch durch diese Erlebnisse kann ich mich entfalten. Was ich kleinen Kindern zeigen will, ist
„Ich bin da, wenn ihr mich braucht.“ Ich möchte das Gefühl vermitteln, dass Fußball immer Spaß machen sollte, denn ohne Spaß geht es nicht.
Soccerdonna: Denkst Du auch, dass durch die EM sich die Aufmerksamkeit für Frauenfußball in Polen verändern wird?
Oliwia Woś: Das merkt man jetzt schon. Vor allem die mediale Aufmerksamkeit ist viel größer. Wie viele Leute jetzt teilweise ins Stadion kommen oder wie viel der Verband gerade möglich macht. Du merkst diesen Schwung. Ich weiß nicht, ob es reicht, dass die polnische Liga an sich besser wird. Ich finde, da müsste man anfangen, damit sich noch mehr tut, denn alle Polinnen gehen ins Ausland. Die polnische Liga bietet einfach zu wenig. Das ist ein bisschen traurig und da würde ich mir noch mehr Entwicklung für den Frauenfußball in meiner Heimat wünschen.
* Das Interview wurde vor dem 16. Spieltag der Women’s Super League geführt.
Quelle
26.03.2025 - 21:15 Uhr | News | Quelle: soccerdonna | von: Nadine Dietzel
Neuanfang in Deutschland: Warum Elena Mühlemann den Sprung ins kalte Wasser brauchte
![[Bild: s_47886_104_2012_1.jpg]](https://www.soccerdonna.de/static/bilder_sd/spielerfotos/s_47886_104_2012_1.jpg)
©Eintracht Frankfurt
Elena Mühlemann (21) spielt seit dem Winter 2024 für die U20 von Eintracht Frankfurt in der 2. Bundesliga. Die gebürtige Schweizerin sammelte ihre ersten Erfahrungen beim FC Luzern und wagte mit 18 Jahren den Schritt ins Ausland. Nach zwei Jahren beim 1. FC Nürnberg folgte der Wechsel nach Frankfurt, wo sie sich gezielt weiterentwickeln, und Spielpraxis sammeln möchte. Im Interview spricht sie über ihren Weg in den Fußball, den Aufstieg mit dem FCN, ihre Rolle bei der Eintracht, den Frauenfußball in der Schweiz und ihre Zeit in der U- Nationalmannschaft.
Soccerdonna: Wie bewertest Du eure bisherige Saison? Ihr steht aktuell auf Platz 7, zwischenzeitlich Platz 5 und somit die beste U20 der Liga, der 2. Bundesliga – wie zufrieden seid Ihr als Team?
Elena Mühlemann: Ich glaube, wir sind mit der Vorrunde ziemlich zufrieden in die Winterpause gegangen. Zwischenzeitlich standen wir auf Platz fünf, das war wirklich stark. Darüber haben wir auch in der Vorbereitung gesprochen und wir sind stolz auf die Leistung. Natürlich war manchmal etwas Spielglück dabei, aber bei uns zählt nicht nur das Ergebnis. Als U20-Mannschaft stehen die individuelle Entwicklung und die Entwicklung im Team im Vordergrund. Klar möchte man gewinnen, doch entscheidender ist, was wir als Spielerinnen mitnehmen. Und das geht weit über den Tabellenplatz hinaus.
Soccerdonna: Gab es Spiele, die Dir besonders in Erinnerung geblieben sind, vielleicht als Wendepunkt für das Team oder für Dich persönlich?
Elena Mühlemann: Das erste Spiel, das mir in den Sinn kommt, ist auswärts gegen Union Berlin. Vor allem wegen der Atmosphäre bleibt das im Kopf. Die Kulisse war einfach überragend und bei Union ist das nicht nur eine Ausnahme, sondern bei fast jedem Heimspiel so. Es ist beeindruckend, was Berlin da regelmäßig auf die Beine stellt und was auch die Gastmannschaften dort erleben dürfen. Umso schöner war es natürlich, dass wir die drei Punkte mitnehmen konnten. Für uns als Team war, das auf jeden Fall ein echtes Highlight und auch für mich persönlich war, es ein ganz besonderer Moment. Vor fast 6000 Zuschauerinnen und Zuschauern zu spielen, ist etwas, das man nicht vergisst.
Soccerdonna: Welche Ziele habt Ihr als Team für die restlichen Spiele? Gibt es etwas, worauf Ihr Euch besonders fokussiert?
Elena Mühlemann: Eines unserer Ziele war, die beste U20 der Liga zu sein. In der Tabelle sind wir das auch aktuell, auch wenn wir im direkten Vergleich gegen andere U20-Teams zuletzt zweimal verloren haben. Trotzdem sind wir stolz auf unsere Position. Wichtiger als die Ergebnisse ist für uns aber die individuelle, taktische und technische Entwicklung jeder Spielerin. Jede hat ihre eigenen Themen, an denen sie arbeitet. Besonders wichtig ist uns, erwachseneren Fußball zu spielen, heißt strukturierter und dominanter und das über 90 Minuten konstant. Vergleicht man das mit dem Saisonstart im vergangenen Jahr, sieht man bei uns eine klare Entwicklung. Auch bei Teams wie Bayern München II erkennt man, dass sie in der Hinrunde Punkte liegengelassen haben, jetzt aber in der Rückrunde deutlich stabiler auftreten und ihre Spiele reifer zu Ende spielen. Genau das ist auch unser Anspruch.
Soccerdonna: Jede Saison bringt Höhen und Tiefen mit sich. Wie gehst Du mit schwierigen Phasen um?
Elena Mühlemann: Im Fußball gehört es einfach dazu, dass nicht immer alles rund läuft. Es gibt gute Phasen, aber eben auch schwierige. Wichtig ist für mich, in solchen Momenten ruhig zu bleiben und mich nicht verrückt zu machen. Mein Ziel ist es, meine Leistung konstant zu halten, auch wenn es mal nicht perfekt läuft. Man lernt mit der Zeit, flexibel zu sein und sich auf unterschiedliche Situationen einzustellen.
Soccerdonna:Hast Du persönliche Ziele für den Saisonendspurt?
Elena Mühlemann: Seit ich in Frankfurt bin, ist es mein Ziel, mich technisch und taktisch weiterzuentwickeln. Damit bin ich bisher auch sehr zufrieden. Ich arbeite daran, eine möglichst komplette Spielerin zu werden und meine Leistung konstant auf den Platz zu bringen. Genau das ist mein persönliches Ziel für den Rest der Saison.
Soccerdonna: Wie bist Du zum Fußball gekommen?
Elena Mühlemann: Zum Fußball bin ich tatsächlich über meinen großen Bruder gekommen. Es klingt vielleicht ein bisschen klischeehaft, aber er hat immer gespielt und ich war als kleine Schwester oft dabei. Überall lagen Bälle herum und irgendwann habe ich dann auch angefangen zu kicken. Erst habe ich eine Zeit lang Tennis gespielt, aber der Fußball hat mich nie ganz losgelassen. Mit zehn Jahren habe ich dann richtig im Verein angefangen.
Soccerdonna: Vor deinem Wechsel nach Deutschland hast Du in deinem Heimatland Schweiz beim FC Luzern gespielt. Wie hast Du dort deine persönliche Entwicklung gesehen?
Elena Mühlemann: Rückblickend war das wirklich eine sehr prägende und schöne Zeit für mich. Ich wurde beim FC Luzern in meiner Entwicklung super unterstützt. Insgesamt war ich etwa vier Jahre dort und konnte in dieser Zeit viel lernen. Ich habe alle Jugendmannschaften durchlaufen. Angefangen hat es mit der U15, zunächst mit einer Doppellizenz, danach folgten zwei Jahre in der U19 und schließlich noch ein halbes Jahr in der ersten Mannschaft. Der Verein hat mich sowohl sportlich als auch persönlich gefordert und genau das hat meine Entwicklung spürbar vorangebracht.
Soccerdonna: Mit 18 Jahren hast Du den Schritt ins Ausland gewagt und bist nach Nürnberg gewechselt. Wie hast Du die Veränderung erlebt und wie hast Du dich an das neue Umfeld angepasst?
Elena Mühlemann: Das war natürlich eine große Veränderung, aber auch ein Traum von mir. Schon während meiner Zeit in der Schweiz wollte ich unbedingt ins Ausland, um dort Fußball zu spielen. Die Vorfreude auf das Neue war größer als die Traurigkeit über das, was ich zurücklasse. Natürlich war es nicht leicht, Familie, Freunde und Schule hinter sich zu lassen. Der Schritt ins neue Land war groß, vielleicht größer, als ich es damals realisiert habe. Aber genau dieser Sprung ins kalte Wasser hat mich persönlich und sportlich weitergebracht.
Soccerdonna: In deinem ersten Jahr beim FCN hast Du bereits den Aufstieg in die Bundesliga geschafft. Wie hast Du diesen Moment erlebt?
Elena Mühlemann: Wunderschön. Das ist bis heute eine meiner liebsten Erinnerungen im Fußball. Die Saison war vom ersten Tag an besonders. Als ich im Sommer nach Nürnberg gekommen bin, stand bereits unser Ziel, den Aufstieg zu schaffen, fest. In meiner Zeit dort hatte ich das Gefühl, dass die Zeit regelrecht verflogen ist, da die Winterpause schnell kam. Als wir dann gesehen haben, dass es wirklich greifbar ist, hat uns das als Team nochmal extra gepusht. Wir haben gesagt: „Okay, das packen wir, wir geben alles.“ Am Ende hat es geklappt. Diese Reise war unglaublich. Ich glaube, jede einzelne Spielerin aus diesem Team würde das sofort unterschreiben. Den Moment des Abpfiffs werde ich niemals vergessen.
Soccerdonna: Welche Bedeutung hat Nürnberg für Dich, sowohl sportlich als auch persönlich?
Elena Mühlemann: Nürnberg hat in beiden Bereichen eine große Bedeutung für mich. Es war meine erste Station im Ausland und ich bin dort das erste Mal richtig von zu Hause weg gewesen. Das hat mich selbstständiger gemacht und mich persönlich reifen lassen. Sportlich habe ich in Deutschland gemerkt, wo ich noch Defizite habe, vor allem im taktischen Bereich. Es war ein intensiver Lernprozess, der mich weitergebracht hat. Ich habe dort großartige Menschen kennengelernt und ich würde diese Zeit niemals rückgängig machen.
Soccerdonna: Nach dieser Zeit hast Du dich für den Wechsel nach Frankfurt entschieden. Was hat den Ausschlag gegeben, und wie schwer fiel Dir dieser Schritt?
Elena Mühlemann: Der Wechsel nach Frankfurt war auf jeden Fall eine große Entscheidung, vor allem, weil ich sie zunächst gar nicht so kommen gesehen habe. Trotzdem hat sich schnell herausgestellt, dass es der richtige Schritt für mich war. Vor allem mit Blick auf die Spielpraxis und persönliche Entwicklung. Der Verein hat eine klare Richtung eingeschlagen und
ich wusste, dass ich bereit sein muss, diesen Weg mitzugehen. Für mich war das eine Chance, mir nochmal bewusst Zeit für meine Weiterentwicklung zu nehmen. Der Abschied aus Nürnberg fiel mir menschlich sehr schwer, weil ich dort viele großartige Menschen kennengelernt habe. Aber sportlich war es genau das, was ich gebraucht habe.
Soccerdonna: Wie bist Du mit den neuen Erwartungen, wie beispielsweise eine Stammkraft und Deiner Rolle in Frankfurt umgegangen?
Elena Mühlemann: Ich habe mir vor dem Wechsel nach Frankfurt nicht viele Gedanken machen können, weil der Abschied aus Nürnberg ziemlich plötzlich war. Am Anfang ging es für mich vor allem darum, anzukommen, ins Team zu finden und die neue Umgebung kennenzulernen. Mit der Zeit habe ich mir dann auch persönliche Ziele gesetzt, vor allem wollte ich mich weiterentwickeln und als Spielerin kompletter werden. Dass ich vom Trainerteam, dem Staff und meinen Mitspielerinnen so gut aufgenommen wurde, hat mir den Einstieg sehr erleichtert.
Soccerdonna: Wie war es, die Schweiz in der U17/U19 zu vertreten?
Elena Mühlemann: Ich habe tatsächlich nur ein Spiel bei der U17 gespielt. Das war kurz vor Corona, in dem Jahrgang, der dann leider nicht mehr weiterspielen konnte. Trotzdem war das ein echtes Highlight für mich, ich war 16, durfte das erste Mal das Nationaltrikot tragen und meine Eltern waren sogar im Stadion. Das war ein besonderer Moment, der mich stolz gemacht hat. In der U19 war ich dann im zweiten Jahr fester Bestandteil des Teams und habe insgesamt fünf Spiele gemacht, einmal war ich gesperrt. Es war eine unglaublich schöne Zeit. Unser Jahrgang hat sich super verstanden, wir waren eine richtig enge Gruppe. Man trifft sich regelmäßig, verbringt eine Woche oder sogar zehn Tage gemeinsam in einem anderen Land, spielt Turniere und erlebt diese Zeit als junge Spielerin, das war einfach eine großartige Erfahrung.
Soccerdonna: Was hast Du aus dieser Zeit für Deine Entwicklung mitgenommen?
Elena Mühlemann: Ich glaube, zu der Zeit war das Niveau in der Nationalmannschaft etwas höher als das, was ich aus meinem Verein kannte. Ich habe damals noch in der U19-Liga in der Schweiz gespielt, während viele aus meinem Jahrgang bereits in der ersten Liga aktiv waren. Das Tempo war dadurch deutlich höher und auch taktisch wurde viel mehr verlangt. Wir haben uns intensiv auf die Gegner vorbereitet, das war ich so vom Vereinsfußball nicht gewohnt. Für mich war das der erste richtige Schritt in Richtung professionelle Spielvorbereitung. Es hat mir geholfen, den Fußball nochmal auf einer ganz anderen Ebene zu verstehen.
Soccerdonna: Du hast sowohl in der Schweizer als auch in der deutschen Liga gespielt, was sind für Dich die größten Unterschiede?
Elena Mühlemann: Als ich gewechselt bin, war es für mich schwer, die Unterschiede direkt einzuschätzen, da ich in der Schweiz nur kurz in der ersten Liga gespielt habe. Rückblickend ist der Fußball in Deutschland vor allem taktisch strukturierter, das Tempo höher und es wird körperlich mehr gefordert. Ich habe schnell gemerkt, dass ich da noch Defizite hatte – besonders im physischen Bereich, obwohl ich mich in der Schweiz gut aufgestellt gefühlt habe. Das Niveau in der Schweizer Liga schwankt stärker, es gibt sehr gute Teams, aber auch einige, die noch nicht so viele professionelle Strukturen haben und es in der Liga etwas schwerer haben. In Deutschland ist die zweite Liga deutlich ausgeglichener, mit vielen ambitionierten Mannschaften. Das fördert die Entwicklung enorm.
Soccerdonna: Der Frauenfußball wächst international immer mehr. Wie erlebst Du diese Entwicklung, besonders in der Schweiz?
Elena Mühlemann: Ich bekomme über Familie und Freunde noch einiges aus der Schweiz mit, bin aber inzwischen stärker in Deutschland eingebunden. Was ich mitbekomme, ist, dass rund um die EM wieder ein spürbarer Aufschwung entsteht. Ich hoffe sehr, dass das die Zuschauerzahlen steigen lässt und dem Frauenfußball mehr Aufmerksamkeit bringt. Im Vergleich zu Deutschland sind Niveau und Strukturen noch nicht auf demselben Level. Es gibt in der Schweiz zwar Vereine, die professionell arbeiten, aber oft fehlen Sponsoren und finanzielle Mittel. In diesem Bereich hinkt die Schweiz Deutschland noch hinterher, aber mit der EM könnte ein neuer Schub kommen.
Soccerdonna: Wirst du die EM besuchen?
Elena Mühlemann: Ich würde eigentlich sehr gerne zur EM gehen und habe auch schon öfter nach Tickets geschaut, aber da die Spiele alle im Juli stattfinden und bei uns vermutlich schon die Vorbereitung beginnt, habe ich mir bisher noch keine Tickets gekauft. Falls ich in der Schweiz bin, will ich aber auf jeden Fall auf ein Public Viewing gehen, vielleicht sogar ein Heimspiel in Luzern.
Soccerdonna: Welche Herausforderungen haben junge Spielerinnen wie Du, wenn sie mit Fußball anfangen oder in den Profibereich gehen wollen. Hast Du Erfahrungen?
Elena Mühlemann: Ich glaube, eine der größten Hürden ist es, Schule und Fußball unter einen Hut zu bringen. Nicht alle haben das Glück, an eine Sportschule gehen zu können, wo man Trainingszeiten und Lehrgänge gut mit dem Unterricht abstimmen kann. Ich hatte dieses Glück und trotzdem war es herausfordernd. Ich bin oft von morgens bis abends unterwegs gewesen, habe gependelt und musste den Tag gut strukturieren, um alles unterzubringen. Eine
andere Herausforderung ist, dass man lernt, sich selbst besser einzuschätzen. Das braucht Zeit. Man muss herausfinden, was einem guttut, wie viel man sich zumuten kann und wie man mit Druck umgeht. Das sind Dinge, die man nicht sofort sieht, die aber im Hintergrund eine große Rolle spielen, gerade wenn man professionell Fußball spielen möchte.
Soccerdonna: Wo siehst Du Dich in den nächsten Jahren? Gibt es bestimmte Karriereziele, auf die Du hinarbeitest?
Elena Mühlemann: Mein wichtigstes Ziel ist es, den Spaß am Fußball nicht zu verlieren. Solange das da ist, glaube ich fest daran, dass ich noch viel erreichen kann. Ich arbeite hart daran, die beste Version von mir selbst zu werden, sowohl fußballerisch als auch persönlich. Dazu gehören für mich Dinge wie Teamfähigkeit, Führungsstärke, aber natürlich auch meine sportlichen Fähigkeiten. Ein großer Traum, den ich mir gerne erfüllen würde, ist es, einmal für die A-Nationalmannschaft zu spielen. Das wäre ein absolutes Highlight für mich.
Soccerdonna: Was würdest Du jungen Spielerinnen raten, die den Traum haben, Profi zu werden?
Elena Mühlemann: Glaubt an euch. Warum sollte es nicht funktionieren? Es gibt genauso viele Gründe, die dafürsprechen, wie dagegen. Am Ende kommt es darauf an, woran man selbst glaubt. Man kann es schaffen. Oft wirkt es weiter entfernt, als es in Wirklichkeit ist.
*Das Interview wurde vor dem 19. Spieltag der 2. Bundesliga geführt
Quelle