DFB-Frauen: Drei Varianten für Wücks erste Startelf
Am Freitag (25. Oktober, 20.30 Uhr) gibt Christian Wück sein Debüt als Bundestrainer der DFB-Frauen. Doch wie könnte eine erste Startelf von Wück aussehen? Wir haben uns drei Varianten überlegt.
Von Carmen Stadelmann | Oct 24, 2024
Jule Brand, Giulia Gwinn und Klara Bühl / Claudio Villa/GettyImages
Über dem Debüt von Christian Wück als Bundestrainer der deutschen Frauennationalmannschaft schweben noch viele offene Fragen . Eine davon: Welche erste Elf wird der 51-Jährige am Freitagabend (25. Oktober um 20.30 Uhr) gegen England auf den Rasen des Wembley-Stadions schicken? Nach den Rücktritten von Popp, Frohms und Hegering sowie den gesundheitsbedingten Ausfällen von Lea Schüller und Laura Freigang bleibt es spannend, wie die Startelf der DFB-Frauen aussehen wird. Wir haben uns drei mögliche Varianten für euch überlegt:
Variante 1 als 4-2-3-1
Tor: Ann-Katrin Berger
Wie auch in den folgenden zwei Varianten steht Ann-Katrin Berger im Tor der DFB-Frauen. Unter Hrubesch ist die erfahrene Torfrau zur Nummer eins aufgestiegen und hat diesen Platz durch überzeugende Leistungen bestätigt. Zwar wird Wück bestimmt auch Johannes oder Winkler eine Chance geben, sich zu beweisen, bei seinem Debüt ist das aber unwahrscheinlich.
Abwehr: Gwinn, Doorsoun, Minge, Linder
Die Außenverteidiger-Positionen könnten Giulia Gwinn und Sarai Linder bekleiden, die dort auch in ihren jeweiligen Vereinen viel Spielzeit sammeln. Eine Baustelle der Nationalelf ist hingegen die Innenverteidigung. In dieser Variante spielt Sara Doorsoun an der Seite von Janina Minge. Minge absolvierte sowohl bei Freiburg als auch bei Wolfsburg bereits Partien in der Innenverteidigung und könnte dort eine Option für Wück sein, zumal sie im offiziellen Kader auch in der Abwehr gelistet wurde.
Defensives Mittelfeld: Däbritz, Nüsken
Die Doppelsechs könnte von Sara Däbritz und Sjoeke Nüsken bekleidet werden. Nüsken überzeugt besonders bei ihrem Verein Chelsea mit überragenden Leistungen. Die 23-Jährige ist die perfekte Sechserin und hat auch schon in der Innenverteidigung Erfahrung gesammelt. An ihrer Seite könnte Däbritz als eher körperliche, aber vor allem erfahrene Spielerin die perfekte Ergänzung sein.
Offensives Mittelfeld: Bühl, Dallmann, Brand
Auf den Flügeln sind Klara Bühl und Jule Brand keine überraschende Wahl. Bei den DFB-Frauen galten beide zuletzt auf diesen Positionen als gesetzt. Im offensiven Mittelfeld könnte Wück auf Rückkehrerin Linda Dallmann bauen. Die Bayern -Spielerin gehört zwar nicht immer zur ersten Elf des amtierenden Meisters, doch besonders ihre technischen Qualitäten und Kreativität könnten der Frauennationalmannschaft im Offensivspiel extrem helfen.
Angriff: Anyomi
Normalerweise wäre wohl Lea Schüller Kandidatin Nummer eins auf den Platz als Mittelstürmerin gewesen. Da sie und auch Laura Freigang nun ausfallen, könnte Nicole Anyomi diese Position bekleiden. Bei der Eintracht stürmt Anyomi zwar auch oft über den Flügel, konnte ihre Qualitäten wie beispielsweise tiefe Läufe auch aus der Mitte heraus zeigen.
Variante 2 als 4-3-3
Tor: Ann-Katrin Berger
Siehe Variante 1
Abwehr: Gwinn, Doorsoun, Kleinherne, Linder
Bei dieser Variante ersetzt Sophia Kleinherne Janina Minge in der Innenverteidigung. Dafür würde sprechen, dass Doorsoun und Kleinherne durch gemeinsame Spiele bei der Eintracht eine gewisse Eingespieltheit an den Tag legen. Zudem gehört Kleinherne berechtigterweise wieder in den Kader der deutschen Frauennationalmannschaft.
Mittelfeld: Minge, Nüsken, Dallmann
Denkbar wäre, dass Janina Minge neben Sjoeke Nüsken ins Mittelfeld rückt. In der gedachten Dreierkette könnte dann Linda Dallmann die zwei Spielerinnen unterstützen. Neben Dallmann wären aber auch Däbritz, Lohmann oder Senß eine Möglichkeit.
Angriff: Bühl, Cerci, Brand
Diesmal steht hier mit Selina Cerci eine weitere Rückkehrerin im Fokus. Die Spielerin der TSG Hoffenheim könnte zwischen Klara Bühl und Jule Brand ihren Platz in der Offensive finden. Ob Christian Wück eine komplett "neue" Spielerin in so einem Prestige-Duell von Anfang an ranlässt, bleibt abzuwarten. Cerci hat sich in jedem Fall Minuten im Dress der DFB-Frauen verdient.
Variante 3 als 4-2-3-1
Tor: Ann-Katrin Berger
Siehe Variante 1
Abwehr: Gwinn, Kleinherne, Minge, Linder
Die dritte Abwandlung der Innenverteidigung könnte das Duo Kleinherne x Minge bilden. Wie zuvor schon gesagt, wäre Sophia Kleinherne alles andere als ein Downgrade in der hintersten Reihe der Nationalelf und auch für Minge ist das keine ungewohnte Position.
Defensives Mittelfeld: Senß und Nüsken
Eine weitere Kombination für das defensive Mittelfeld ist Sjoeke Nüsken gemeinsam mit Elisa Senß. Über Nüskens Qualitäten und wieso sie Startelf spielen muss, brauchen wir nicht weiter reden. Senß genoss unter Hrubesch ein hohes Ansehen und etablierte sich in der Nationalmannschaft, was sie auch durch gute Leistungen zurückzahlte. Die Konkurrenz auf dieser Position ist allerdings für die Spielerin der Eintracht sehr hoch.
Offensives Mittelfeld: Bühl, Lohmann, Endemann
Für Jule Brand könnte auch die nachnominierte Vivien Endemann auflaufen. Viel Unmut machte sich vollkommen zurecht innerhalb der Community aufgrund der Nicht-Nominierung der Wölfin breit. Endemann glänzte zuletzt durch starke Auftritte beim VfL. Ihr Spielstil ist dem von Brand und Bühl ähnlich. Eine weitere Spielerin, die das Profil einer Box-to-Box Spielerin erfüllt, ist Sydney Lohmann. Bei den Bayern bekommt die 24-Jährige nicht die meiste Spielzeit, konnte aber nach ihren Einwechslungen durchaus für Impact sorgen. Die Kreativität und Explosivität von Lohmann könnte das Spiel der DFB-Frauen beleben.
Angriff: Anyomi
Siehe Variante 1
Spätestens am Freitagabend werden wir Aufschluss bekommen, welche Spielerinnen Christian Wück in seiner Startelf sieht. Wichtig anzuführen ist aber auch, dass die kommenden Spiele als Test für die bevorstehende Europameisterschaft dienen. Wück wird viel ausprobieren müssen, um die beste Aufstellung zusammenstellen zu können.
Quelle
DFB-Frauen: Duo reist verletzt ab - Wück nominiert Nachrückerin
Verletzungsrückschlag bei der deutschen Nationalmannschaft. Zwei Mittelfeldspielerin mussten vorzeitig abreisen, Bundestrainer Christian Wück hat eine Nachrückerin nominiert.
Von Oscar Nolte | Oct 26, 2024
Christian Wück / Catherine Ivill - AMA/GettyImages
Auf das fulminante 4:3 gegen England folgte bei der deutschen Nationalmannschaft nun ein Rückschlag. Wie der Verband am Samstag offiziell mitteilte, mussten Sara Däbritz (Olympique Lyon) und Sydney Lohmann verletzungsbedingt vom Nationalteam abreisen. Bundestrainer Christian Wück hat als Nachrückerin die 76-fache Nationalspielerin Lina Magull (Inter Mailand) bestimmt.
Bei Däbritz sind muskuläre Probleme der Grund für die vorzeitige Abreise, Lohmann hingegen plagen Kniebeschwerden. Bei beiden bleibt zu hoffen, dass die Verletzungen keinen längerfristigen Ausfall nach sich ziehen.
Mit Lina Magull, die im Sommer vom FC Bayern zu Inter Mailand wechselte, hat Bundestrainer Wück eine erfahrene Spielerin nachnominiert. Deutschland trifft am Montag in Duisburg auf Australien. Ebenfalls nicht mit dabei ist Laura Freigang, die mit einer Erkältung bereits vom Nationalteam abgereist war und nun nicht fit genug war, um als Nachrückerin für Däbritz und Lohmann infrage zu kommen.
Quelle
"Da fehlen mir teilweise die Worte"- Die Stimmen zum furiosen Sieg gegen England
In einem packenden Spiel gewinnen die DFB-Frauen mit 4:3 über die Engländerinnen. Wir haben die Stimmen nach der Partie für euch zusammengetragen.
Von Carmen Stadelmann | Oct 26, 2024
Sjoeke Nüsken und Giulia Gwinn / GLYN KIRK/GettyImages
Als "Achterbahnfahrt der Gefühle" beschrieb Kapitänin Giulia Gwinn das Spiel der DFB-Frauen gegen die englische Nationalmannschaft. Treffender könnte eine Analyse kaum ausfallen: Nach einer scheinbar komfortablen 3:0 Führung schaffte es England durch einen Doppelschlag von Georgia Stanway noch vor der Halbzeit auf 3:2 zu verkürzen. Durch den dritten Elfmeter des Spiels erhöhte Sara Däbritz in Halbzeit zwei auf 4:2 bevor Lucy Bronze nach einem Torwartfehler von Berger den 4:3 Entstand netzte.
Wir haben die Stimmen von Giulia Gwinn, Ann-Katrin Berger und Christian Wück nach dem Spiel für euch zusammengefasst (via ARD).
"Für den Zuschauer war heute alles geboten. Es war von Elfmetern über Abseitstoren bis hin zu guten Toren alles dabei", stellte Giulia Gwinn unmittelbar nach Abpfiff fest. Tatsächlich fielen drei Tore durch Strafstöße und drei Mal wurden Treffer aufgrund einer Abseitsstellung nicht gegeben. Besonders nach der furiosen ersten Halbzeit sei das Team "sehr, sehr glücklich", dass sie das am Ende für sich entscheiden konnten und, dass "wir unserem neuen Trainer einen solchen Einstand bieten konnten", betonte Gwinn.
Die Kapitänin zeigte sich besonders aufgrund des Charakters ihrer Mannschaft begeistert: "Wir haben sehr viel Energie auf den Platz gebracht, egal ob es jetzt Spielerinnen waren, die schon länger dabei sind oder Spielerinnen, die heute ihr Debüt gegeben haben. Es ist einfach sehr, sehr schön zu sehen, dass wir es schaffen als Mannschaft zu funktionieren". Es habe nicht alles geklappt, aber es seien gute Dinge dabei gewesen, an die sich anknüpfen lasse.
Mit der Kapitänsbinde: Giulia Gwinn / Catherine Ivill - AMA/GettyImages
Eine Sache, die nicht geklappt hat, war eine Parade von Ann-Katrin Berger in der 81. Minute: Ein Freistoß flutschte der deutschen Torfrau durch die Finger und die lauernde Lucy Bronze brauchte nur noch einschieben. "Natürlich ärgert mich das letzte Tor, weil es eigentlich eine meiner Stärken ist und das sollte einfach nicht passieren", so Berger. Die Torfrau sei stolz auf die Teamleistung ihrer Mannschaft. "Gott sei Dank spiele ich einen Mannschaftssport und weiß, dass die Mädels meinen Rücken haben und ich auch zu 99 Prozent ihren habe", zeigte sich Berger dankbar.
Ein Sieg gegen England im Wembley-Stadion? Besser könnte das Debüt für einen Bundestrainer doch wohl kaum laufen. "Im Wembley-Stadion nach 30 Minuten zu führen, da fehlen mir teilweise die Worte", zeigte sich der neue Chefcoach zufrieden. Christian Wück blieb jedoch bescheiden und lobte in erster Linie die Spielerinnen: "Wir haben ihnen ein bisschen Input gegeben und wollten was verändern. Aber auf dem Platz haben es die Mädels umgesetzt. Es wäre falsch jetzt alles auf das neue Trainerteam zu schieben. Natürlich haben wir uns ein bisschen anders verhalten, aber wie sich die Spielerinnen auf dem Platz verhalten haben, das waren sie ganz alleine".
Doch trotz des Sieges sieht der Bundestrainer an manchen Stellen auch Potenzial nach oben. Er habe sich mit seiner Trainerkollegin Sarina Wiegman unterhalten: "In der Offensive sind wir sehr zufrieden, in der Defensive haben wir beide noch ein bisschen Bedarf an Trainingseinheiten". Ihm ist aber auch klar, dass es nach einer 3:0 Führung innerhalb von einer halben Stunde "wenig zu meckern" gibt und sie bisher auch nur drei Trainingseinheiten zur Verfügung hatten.
Viel Diskussionsstoff bot die neu angeordnete Vierkette. Das Team würde sich laut Wück immer noch in der "Findungsphase" befinden. Ein großes Thema ist und bleibt allerdings die Zweikampfquote. "Die Zweikampfquote wollen wir immer in einem Grad halten, wo wir Spiele gewinnen können", betonte Wück.
Ein weiteres Thema waren natürlich die Rücktritte von Popp, Frohms und Hegering, die der Nationalmannschaft wehtaten, es aber zu "akzeptieren" galt. "Jetzt kommen Spielerinnen nach, die heute bewiesen haben, dass sie ganz viel Talent haben", hob Wück auch die positiven Aspekte des Umbruchs hervor.
Das nächste Spiel der DFB-Frauen lässt nicht lange auf sich warten: Am kommenden Montag, den 28. Oktober um 18.10 Uhr trifft die deutsche Auswahl in Duisburg auf Australien. Im Rahmen dieses Spiels werden Alexandra Popp, Marina Hegering und Merle Frohms offiziell von der Nationalmannschaft verabschiedet.
Quelle
Kommentar zum Traumstart unter Wück: Frischer Wind in den DFB-Segeln
Die DFB-Frauen starten mit bester Laune in die Ära Christian Wück. Der neue Coach überzeugt mit einer Mischung aus Traditionsbewusstsein und Modernität. Der größte Gefallen, den die Fans ihm und dem Team jetzt tun können: Die Erwartungen nicht zu hoch werden lassen.
Von Helene Altgelt | Oct 27, 2024
Sein Plan ist geglückt: Wück wird nach dem Sieg gegen England gefeiert / Catherine Ivill - AMA/GettyImages
Wir sind wieder wer! EM-Favorit, mindestens! Reicht der Champagner denn zum Feiern überhaupt noch? In den Stunden nach dem Sieg war die Euphorie groß , wie es bei Fußballfans und -journalisten gang und gäbe ist.
Nicht nur Bundestrainer sind die 80 Millionen Deutsche gerne, sondern auch Lobsänger, oder im Fall einer Niederlage auch vernichtende Kritiker. Besonders bei einem Debüt schwappt der Topf der Emotionen gerne mal über. Grautöne werden dann einfach übergossen, am Ende muss es schließlich ein klares Fazit geben: Yay oder nay.
Christian Wück kennt die Lobhudelei schon, als Trainer der männlichen U17 des DFB wurde er schon einmal über den grünen Klee gelobt, als er mit seiner Auswahl die EM und WM 2023 gewann. Die Aufmerksamkeit bei seinem Debüt als Trainer der DFB-Frauen war aber ungleich höher. Vor fast 48.000 Zuschauern im ikonischen Wembley-Stadion, gegen den Vizeweltmeister und Europameister.
Überschwang nach dem Sieg - Wück bescheiden
Es war eine wahrhaftige Feuerprobe, die Deutschland meisterte. Zwischenzeitlich führten die DFB-Frauen mit 3:0, der Höhepunkt der Euphorie. Am Ende stand ein 4:3 auf den Anzeigetafeln, und Wück musste sich keinen kritischen Fragen stellen, sondern durfte einen Regen aus wohlig-warmen Worten von den anwesenden Reportern über sich ergehen lassen. Aus dem Annehmen der Glückwünsche kam er kaum mehr heraus.
Den Überschwang kannte Wück nunmal schon, und wusste souverän damit umzugehen. "Es wäre falsch, das alles auf mich oder auf das Trainerteam oder auf den Neuanfang zu schieben“, erklärte er bescheiden. Understatement ist in solch einer Situation keine schlechte Idee. Die Erwartungen weiter in die Höhe zu treiben, hätte wohl wenig zu der langfristigen Entwicklung beigetragen.
Und doch gebührt Wück ein Lob. Schon beim ersten Spiel, nach nur wenigen Trainingseinheiten, war etwas zu spüren. Eine leichte Brise, ein "Wind of Change", um es mit den Scorpions zu sagen. Wück will an bewährte Traditionen anknüpfen, sprach seinem Vorgänger Hrubesch einiges an Lob aus.
Hrubesch' Superkraft war der Umgang mit den Spielerinnen, und das Gefühl, dass allen zugehört wird, soll auch bei Wück weiter existieren. Der neue DFB-Coach betont weiterhin, wie wichtig Kommunikation sei.
Dennoch erstarrt Wück nicht in Ehrfurcht vor seiner neuen Aufgabe oder vor dem Erbe seines Vorgängers. Seine Mischung aus Traditionsbewusstsein und Mut zu neuen Aufbrüchen könnte genau das sein, was die DFB-Frauen nun brauchen.
Nach Stabilität brauchen die DFB-Frauen jetzt Mut
Nach der turbulenten Post-WM-Zeit war die Stabilität von Hrubesch das Richtige für die Elf. Direkt einen neuen Umbruch mit neuem Gesicht zu starten, hätte womöglich für mehr Verunsicherung gesorgt und mehr Schaden angerichtet als Gutes getan. Inzwischen aber ist das Selbstvertrauen der DFB-Frauen retabliert, eine Bronzemedaille hängt an ihren Wänden. Es ist Zeit für etwas Neues.
Wie genau das aussehen würde, hatte Wück vor dem Spiel noch offengelassen. Daher war es schwer, einzuschätzen, ob seine Bekenntnisse eher Phrasen oder Wahrheitsträger waren. Wück sprach viel von den ominösen Leitplanken des DFB. In denen werden die spielerischen Ziele des Verbandes identifiziert, alle DFB-Teams sollen sich dadurch auszeichnen. Eine "corporate identity" für den Verband, eine fußballerische Identität eben.
Es geht um Ballbesitz und aktives Spiel, überschrieben sind die Leitlinien mit motivierenden Sätzen wie "Wir suchen und gewinnen jedes persönliche Duell!". Könnte auch aus der Charta eines mittelalterlichen Rittervereins stammen. Was das auf dem Rasen bedeuten soll, bleibt aber erstmal schleierhaft. Gut, dass die Leitplanken an den Autobahnen nicht ebenso schwammig sind, das wäre wohl gefährlich für den deutschen Verkehr.
Wück jedenfalls hat in London seine eigene Interpretation dieser Leitlinien aufgezeigt. Gegen England spielte die deutsche Auswahl mutig, stellenweise ein wenig vogelwild, aber vor allem mutig. Es ist kein "Sicherheitsfußball" wie unter Hrubesch mehr, wie es Giulia Gwinn sagte.
Gwinn jubelt: Deutschlands Mut zahlte sich aus / James Gill - Danehouse/GettyImages
Solche klaren Worte sind aus dem Mund der vielleicht nächsten DFB-Kapitänin doch ungewöhnlich: Gwinn ist großer Hrubesch-Fan, betonte immer wieder, wie gut er dem Team tue. Auch sie schien aber von dem neuen Konzept begeistert. Wück scheint es gelungen zu sein, binnen kürzester Zeit ein neues Konzept vorzustellen, ohne mit dem neuen Mut alle zu überrumpeln und zu überfordern.
Mut ohne Konzept ist Naivität, aber das war beim Spiel der DFB-Frauen nicht der Fall. Zu der couragierten Leistung hinzu kam ein taktisch solider Plan, mit Seitenwechseln und Durchbrüchen über außen setzte Deutschland die englische Defensive in den ersten Minuten allzu leicht schachmatt. Wück selbst war an der Seitenlinie nicht weniger engagiert als seine Spielerinnen, wirkte mit seinen ständigen Anweisungen stets präsent.
Wück sollte nicht mit überhohen Erwartungen überfrachtet werden
Dass noch viel Arbeit zu tun ist, zeigte dann der kleine Einbruch nach 3:0-Führung, England kam nochmal ran. Das frisch erworbene Selbstvertrauen ist noch brüchig. Aber den ersten Sturm hat das DFB-Schiff mit Wück am Steuer gemeistert. In den nächsten Monaten wird es darum gehen, den Wind of Change ideal zu nutzen, den perfekten Kurs zu finden, um sich von den Neuerungen antreiben zu lassen, statt wegen ihrer gefährlich zu schwanken.
Wück hat die Segel gesetzt, und der erste Eindruck ist gut. Der größte Dank, den ihm Fans und Öffentlichkeit nun tun können, ist, die Erwartungen kleinzuhalten. Ein guter Start in die Regatta heißt noch nichts, und auch Wücks neue, mutige Spielphilosophie wird an ihre Grenzen stoßen. Vielleicht schon früher, als gedacht. Von Ideen von Wück als Retter der DFB-Frauen sollte man sich daher, bei allem berechtigten Lob, schon jetzt verabschieden.
Ein kleiner Moment des Genießens darf trotzdem sein. Allem Anfang wohnt schließlich ein Zauber inne, und der Schwung dieser ersten Wochen könnte das DFB-Team noch weit tragen.
Quelle
Am Freitag (25. Oktober, 20.30 Uhr) gibt Christian Wück sein Debüt als Bundestrainer der DFB-Frauen. Doch wie könnte eine erste Startelf von Wück aussehen? Wir haben uns drei Varianten überlegt.
Von Carmen Stadelmann | Oct 24, 2024
Jule Brand, Giulia Gwinn und Klara Bühl / Claudio Villa/GettyImages
Über dem Debüt von Christian Wück als Bundestrainer der deutschen Frauennationalmannschaft schweben noch viele offene Fragen . Eine davon: Welche erste Elf wird der 51-Jährige am Freitagabend (25. Oktober um 20.30 Uhr) gegen England auf den Rasen des Wembley-Stadions schicken? Nach den Rücktritten von Popp, Frohms und Hegering sowie den gesundheitsbedingten Ausfällen von Lea Schüller und Laura Freigang bleibt es spannend, wie die Startelf der DFB-Frauen aussehen wird. Wir haben uns drei mögliche Varianten für euch überlegt:
Variante 1 als 4-2-3-1
Tor: Ann-Katrin Berger
Wie auch in den folgenden zwei Varianten steht Ann-Katrin Berger im Tor der DFB-Frauen. Unter Hrubesch ist die erfahrene Torfrau zur Nummer eins aufgestiegen und hat diesen Platz durch überzeugende Leistungen bestätigt. Zwar wird Wück bestimmt auch Johannes oder Winkler eine Chance geben, sich zu beweisen, bei seinem Debüt ist das aber unwahrscheinlich.
Abwehr: Gwinn, Doorsoun, Minge, Linder
Die Außenverteidiger-Positionen könnten Giulia Gwinn und Sarai Linder bekleiden, die dort auch in ihren jeweiligen Vereinen viel Spielzeit sammeln. Eine Baustelle der Nationalelf ist hingegen die Innenverteidigung. In dieser Variante spielt Sara Doorsoun an der Seite von Janina Minge. Minge absolvierte sowohl bei Freiburg als auch bei Wolfsburg bereits Partien in der Innenverteidigung und könnte dort eine Option für Wück sein, zumal sie im offiziellen Kader auch in der Abwehr gelistet wurde.
Defensives Mittelfeld: Däbritz, Nüsken
Die Doppelsechs könnte von Sara Däbritz und Sjoeke Nüsken bekleidet werden. Nüsken überzeugt besonders bei ihrem Verein Chelsea mit überragenden Leistungen. Die 23-Jährige ist die perfekte Sechserin und hat auch schon in der Innenverteidigung Erfahrung gesammelt. An ihrer Seite könnte Däbritz als eher körperliche, aber vor allem erfahrene Spielerin die perfekte Ergänzung sein.
Offensives Mittelfeld: Bühl, Dallmann, Brand
Auf den Flügeln sind Klara Bühl und Jule Brand keine überraschende Wahl. Bei den DFB-Frauen galten beide zuletzt auf diesen Positionen als gesetzt. Im offensiven Mittelfeld könnte Wück auf Rückkehrerin Linda Dallmann bauen. Die Bayern -Spielerin gehört zwar nicht immer zur ersten Elf des amtierenden Meisters, doch besonders ihre technischen Qualitäten und Kreativität könnten der Frauennationalmannschaft im Offensivspiel extrem helfen.
Angriff: Anyomi
Normalerweise wäre wohl Lea Schüller Kandidatin Nummer eins auf den Platz als Mittelstürmerin gewesen. Da sie und auch Laura Freigang nun ausfallen, könnte Nicole Anyomi diese Position bekleiden. Bei der Eintracht stürmt Anyomi zwar auch oft über den Flügel, konnte ihre Qualitäten wie beispielsweise tiefe Läufe auch aus der Mitte heraus zeigen.
Variante 2 als 4-3-3
Tor: Ann-Katrin Berger
Siehe Variante 1
Abwehr: Gwinn, Doorsoun, Kleinherne, Linder
Bei dieser Variante ersetzt Sophia Kleinherne Janina Minge in der Innenverteidigung. Dafür würde sprechen, dass Doorsoun und Kleinherne durch gemeinsame Spiele bei der Eintracht eine gewisse Eingespieltheit an den Tag legen. Zudem gehört Kleinherne berechtigterweise wieder in den Kader der deutschen Frauennationalmannschaft.
Mittelfeld: Minge, Nüsken, Dallmann
Denkbar wäre, dass Janina Minge neben Sjoeke Nüsken ins Mittelfeld rückt. In der gedachten Dreierkette könnte dann Linda Dallmann die zwei Spielerinnen unterstützen. Neben Dallmann wären aber auch Däbritz, Lohmann oder Senß eine Möglichkeit.
Angriff: Bühl, Cerci, Brand
Diesmal steht hier mit Selina Cerci eine weitere Rückkehrerin im Fokus. Die Spielerin der TSG Hoffenheim könnte zwischen Klara Bühl und Jule Brand ihren Platz in der Offensive finden. Ob Christian Wück eine komplett "neue" Spielerin in so einem Prestige-Duell von Anfang an ranlässt, bleibt abzuwarten. Cerci hat sich in jedem Fall Minuten im Dress der DFB-Frauen verdient.
Variante 3 als 4-2-3-1
Tor: Ann-Katrin Berger
Siehe Variante 1
Abwehr: Gwinn, Kleinherne, Minge, Linder
Die dritte Abwandlung der Innenverteidigung könnte das Duo Kleinherne x Minge bilden. Wie zuvor schon gesagt, wäre Sophia Kleinherne alles andere als ein Downgrade in der hintersten Reihe der Nationalelf und auch für Minge ist das keine ungewohnte Position.
Defensives Mittelfeld: Senß und Nüsken
Eine weitere Kombination für das defensive Mittelfeld ist Sjoeke Nüsken gemeinsam mit Elisa Senß. Über Nüskens Qualitäten und wieso sie Startelf spielen muss, brauchen wir nicht weiter reden. Senß genoss unter Hrubesch ein hohes Ansehen und etablierte sich in der Nationalmannschaft, was sie auch durch gute Leistungen zurückzahlte. Die Konkurrenz auf dieser Position ist allerdings für die Spielerin der Eintracht sehr hoch.
Offensives Mittelfeld: Bühl, Lohmann, Endemann
Für Jule Brand könnte auch die nachnominierte Vivien Endemann auflaufen. Viel Unmut machte sich vollkommen zurecht innerhalb der Community aufgrund der Nicht-Nominierung der Wölfin breit. Endemann glänzte zuletzt durch starke Auftritte beim VfL. Ihr Spielstil ist dem von Brand und Bühl ähnlich. Eine weitere Spielerin, die das Profil einer Box-to-Box Spielerin erfüllt, ist Sydney Lohmann. Bei den Bayern bekommt die 24-Jährige nicht die meiste Spielzeit, konnte aber nach ihren Einwechslungen durchaus für Impact sorgen. Die Kreativität und Explosivität von Lohmann könnte das Spiel der DFB-Frauen beleben.
Angriff: Anyomi
Siehe Variante 1
Spätestens am Freitagabend werden wir Aufschluss bekommen, welche Spielerinnen Christian Wück in seiner Startelf sieht. Wichtig anzuführen ist aber auch, dass die kommenden Spiele als Test für die bevorstehende Europameisterschaft dienen. Wück wird viel ausprobieren müssen, um die beste Aufstellung zusammenstellen zu können.
Quelle
DFB-Frauen: Duo reist verletzt ab - Wück nominiert Nachrückerin
Verletzungsrückschlag bei der deutschen Nationalmannschaft. Zwei Mittelfeldspielerin mussten vorzeitig abreisen, Bundestrainer Christian Wück hat eine Nachrückerin nominiert.
Von Oscar Nolte | Oct 26, 2024
Christian Wück / Catherine Ivill - AMA/GettyImages
Auf das fulminante 4:3 gegen England folgte bei der deutschen Nationalmannschaft nun ein Rückschlag. Wie der Verband am Samstag offiziell mitteilte, mussten Sara Däbritz (Olympique Lyon) und Sydney Lohmann verletzungsbedingt vom Nationalteam abreisen. Bundestrainer Christian Wück hat als Nachrückerin die 76-fache Nationalspielerin Lina Magull (Inter Mailand) bestimmt.
Bei Däbritz sind muskuläre Probleme der Grund für die vorzeitige Abreise, Lohmann hingegen plagen Kniebeschwerden. Bei beiden bleibt zu hoffen, dass die Verletzungen keinen längerfristigen Ausfall nach sich ziehen.
Mit Lina Magull, die im Sommer vom FC Bayern zu Inter Mailand wechselte, hat Bundestrainer Wück eine erfahrene Spielerin nachnominiert. Deutschland trifft am Montag in Duisburg auf Australien. Ebenfalls nicht mit dabei ist Laura Freigang, die mit einer Erkältung bereits vom Nationalteam abgereist war und nun nicht fit genug war, um als Nachrückerin für Däbritz und Lohmann infrage zu kommen.
Quelle
"Da fehlen mir teilweise die Worte"- Die Stimmen zum furiosen Sieg gegen England
In einem packenden Spiel gewinnen die DFB-Frauen mit 4:3 über die Engländerinnen. Wir haben die Stimmen nach der Partie für euch zusammengetragen.
Von Carmen Stadelmann | Oct 26, 2024
Sjoeke Nüsken und Giulia Gwinn / GLYN KIRK/GettyImages
Als "Achterbahnfahrt der Gefühle" beschrieb Kapitänin Giulia Gwinn das Spiel der DFB-Frauen gegen die englische Nationalmannschaft. Treffender könnte eine Analyse kaum ausfallen: Nach einer scheinbar komfortablen 3:0 Führung schaffte es England durch einen Doppelschlag von Georgia Stanway noch vor der Halbzeit auf 3:2 zu verkürzen. Durch den dritten Elfmeter des Spiels erhöhte Sara Däbritz in Halbzeit zwei auf 4:2 bevor Lucy Bronze nach einem Torwartfehler von Berger den 4:3 Entstand netzte.
Wir haben die Stimmen von Giulia Gwinn, Ann-Katrin Berger und Christian Wück nach dem Spiel für euch zusammengefasst (via ARD).
"Für den Zuschauer war heute alles geboten. Es war von Elfmetern über Abseitstoren bis hin zu guten Toren alles dabei", stellte Giulia Gwinn unmittelbar nach Abpfiff fest. Tatsächlich fielen drei Tore durch Strafstöße und drei Mal wurden Treffer aufgrund einer Abseitsstellung nicht gegeben. Besonders nach der furiosen ersten Halbzeit sei das Team "sehr, sehr glücklich", dass sie das am Ende für sich entscheiden konnten und, dass "wir unserem neuen Trainer einen solchen Einstand bieten konnten", betonte Gwinn.
Die Kapitänin zeigte sich besonders aufgrund des Charakters ihrer Mannschaft begeistert: "Wir haben sehr viel Energie auf den Platz gebracht, egal ob es jetzt Spielerinnen waren, die schon länger dabei sind oder Spielerinnen, die heute ihr Debüt gegeben haben. Es ist einfach sehr, sehr schön zu sehen, dass wir es schaffen als Mannschaft zu funktionieren". Es habe nicht alles geklappt, aber es seien gute Dinge dabei gewesen, an die sich anknüpfen lasse.
Mit der Kapitänsbinde: Giulia Gwinn / Catherine Ivill - AMA/GettyImages
Eine Sache, die nicht geklappt hat, war eine Parade von Ann-Katrin Berger in der 81. Minute: Ein Freistoß flutschte der deutschen Torfrau durch die Finger und die lauernde Lucy Bronze brauchte nur noch einschieben. "Natürlich ärgert mich das letzte Tor, weil es eigentlich eine meiner Stärken ist und das sollte einfach nicht passieren", so Berger. Die Torfrau sei stolz auf die Teamleistung ihrer Mannschaft. "Gott sei Dank spiele ich einen Mannschaftssport und weiß, dass die Mädels meinen Rücken haben und ich auch zu 99 Prozent ihren habe", zeigte sich Berger dankbar.
Ein Sieg gegen England im Wembley-Stadion? Besser könnte das Debüt für einen Bundestrainer doch wohl kaum laufen. "Im Wembley-Stadion nach 30 Minuten zu führen, da fehlen mir teilweise die Worte", zeigte sich der neue Chefcoach zufrieden. Christian Wück blieb jedoch bescheiden und lobte in erster Linie die Spielerinnen: "Wir haben ihnen ein bisschen Input gegeben und wollten was verändern. Aber auf dem Platz haben es die Mädels umgesetzt. Es wäre falsch jetzt alles auf das neue Trainerteam zu schieben. Natürlich haben wir uns ein bisschen anders verhalten, aber wie sich die Spielerinnen auf dem Platz verhalten haben, das waren sie ganz alleine".
Doch trotz des Sieges sieht der Bundestrainer an manchen Stellen auch Potenzial nach oben. Er habe sich mit seiner Trainerkollegin Sarina Wiegman unterhalten: "In der Offensive sind wir sehr zufrieden, in der Defensive haben wir beide noch ein bisschen Bedarf an Trainingseinheiten". Ihm ist aber auch klar, dass es nach einer 3:0 Führung innerhalb von einer halben Stunde "wenig zu meckern" gibt und sie bisher auch nur drei Trainingseinheiten zur Verfügung hatten.
Viel Diskussionsstoff bot die neu angeordnete Vierkette. Das Team würde sich laut Wück immer noch in der "Findungsphase" befinden. Ein großes Thema ist und bleibt allerdings die Zweikampfquote. "Die Zweikampfquote wollen wir immer in einem Grad halten, wo wir Spiele gewinnen können", betonte Wück.
Ein weiteres Thema waren natürlich die Rücktritte von Popp, Frohms und Hegering, die der Nationalmannschaft wehtaten, es aber zu "akzeptieren" galt. "Jetzt kommen Spielerinnen nach, die heute bewiesen haben, dass sie ganz viel Talent haben", hob Wück auch die positiven Aspekte des Umbruchs hervor.
Das nächste Spiel der DFB-Frauen lässt nicht lange auf sich warten: Am kommenden Montag, den 28. Oktober um 18.10 Uhr trifft die deutsche Auswahl in Duisburg auf Australien. Im Rahmen dieses Spiels werden Alexandra Popp, Marina Hegering und Merle Frohms offiziell von der Nationalmannschaft verabschiedet.
Quelle
Kommentar zum Traumstart unter Wück: Frischer Wind in den DFB-Segeln
Die DFB-Frauen starten mit bester Laune in die Ära Christian Wück. Der neue Coach überzeugt mit einer Mischung aus Traditionsbewusstsein und Modernität. Der größte Gefallen, den die Fans ihm und dem Team jetzt tun können: Die Erwartungen nicht zu hoch werden lassen.
Von Helene Altgelt | Oct 27, 2024
Sein Plan ist geglückt: Wück wird nach dem Sieg gegen England gefeiert / Catherine Ivill - AMA/GettyImages
Wir sind wieder wer! EM-Favorit, mindestens! Reicht der Champagner denn zum Feiern überhaupt noch? In den Stunden nach dem Sieg war die Euphorie groß , wie es bei Fußballfans und -journalisten gang und gäbe ist.
Nicht nur Bundestrainer sind die 80 Millionen Deutsche gerne, sondern auch Lobsänger, oder im Fall einer Niederlage auch vernichtende Kritiker. Besonders bei einem Debüt schwappt der Topf der Emotionen gerne mal über. Grautöne werden dann einfach übergossen, am Ende muss es schließlich ein klares Fazit geben: Yay oder nay.
Christian Wück kennt die Lobhudelei schon, als Trainer der männlichen U17 des DFB wurde er schon einmal über den grünen Klee gelobt, als er mit seiner Auswahl die EM und WM 2023 gewann. Die Aufmerksamkeit bei seinem Debüt als Trainer der DFB-Frauen war aber ungleich höher. Vor fast 48.000 Zuschauern im ikonischen Wembley-Stadion, gegen den Vizeweltmeister und Europameister.
Überschwang nach dem Sieg - Wück bescheiden
Es war eine wahrhaftige Feuerprobe, die Deutschland meisterte. Zwischenzeitlich führten die DFB-Frauen mit 3:0, der Höhepunkt der Euphorie. Am Ende stand ein 4:3 auf den Anzeigetafeln, und Wück musste sich keinen kritischen Fragen stellen, sondern durfte einen Regen aus wohlig-warmen Worten von den anwesenden Reportern über sich ergehen lassen. Aus dem Annehmen der Glückwünsche kam er kaum mehr heraus.
Den Überschwang kannte Wück nunmal schon, und wusste souverän damit umzugehen. "Es wäre falsch, das alles auf mich oder auf das Trainerteam oder auf den Neuanfang zu schieben“, erklärte er bescheiden. Understatement ist in solch einer Situation keine schlechte Idee. Die Erwartungen weiter in die Höhe zu treiben, hätte wohl wenig zu der langfristigen Entwicklung beigetragen.
Und doch gebührt Wück ein Lob. Schon beim ersten Spiel, nach nur wenigen Trainingseinheiten, war etwas zu spüren. Eine leichte Brise, ein "Wind of Change", um es mit den Scorpions zu sagen. Wück will an bewährte Traditionen anknüpfen, sprach seinem Vorgänger Hrubesch einiges an Lob aus.
Hrubesch' Superkraft war der Umgang mit den Spielerinnen, und das Gefühl, dass allen zugehört wird, soll auch bei Wück weiter existieren. Der neue DFB-Coach betont weiterhin, wie wichtig Kommunikation sei.
Dennoch erstarrt Wück nicht in Ehrfurcht vor seiner neuen Aufgabe oder vor dem Erbe seines Vorgängers. Seine Mischung aus Traditionsbewusstsein und Mut zu neuen Aufbrüchen könnte genau das sein, was die DFB-Frauen nun brauchen.
Nach Stabilität brauchen die DFB-Frauen jetzt Mut
Nach der turbulenten Post-WM-Zeit war die Stabilität von Hrubesch das Richtige für die Elf. Direkt einen neuen Umbruch mit neuem Gesicht zu starten, hätte womöglich für mehr Verunsicherung gesorgt und mehr Schaden angerichtet als Gutes getan. Inzwischen aber ist das Selbstvertrauen der DFB-Frauen retabliert, eine Bronzemedaille hängt an ihren Wänden. Es ist Zeit für etwas Neues.
Wie genau das aussehen würde, hatte Wück vor dem Spiel noch offengelassen. Daher war es schwer, einzuschätzen, ob seine Bekenntnisse eher Phrasen oder Wahrheitsträger waren. Wück sprach viel von den ominösen Leitplanken des DFB. In denen werden die spielerischen Ziele des Verbandes identifiziert, alle DFB-Teams sollen sich dadurch auszeichnen. Eine "corporate identity" für den Verband, eine fußballerische Identität eben.
Es geht um Ballbesitz und aktives Spiel, überschrieben sind die Leitlinien mit motivierenden Sätzen wie "Wir suchen und gewinnen jedes persönliche Duell!". Könnte auch aus der Charta eines mittelalterlichen Rittervereins stammen. Was das auf dem Rasen bedeuten soll, bleibt aber erstmal schleierhaft. Gut, dass die Leitplanken an den Autobahnen nicht ebenso schwammig sind, das wäre wohl gefährlich für den deutschen Verkehr.
Wück jedenfalls hat in London seine eigene Interpretation dieser Leitlinien aufgezeigt. Gegen England spielte die deutsche Auswahl mutig, stellenweise ein wenig vogelwild, aber vor allem mutig. Es ist kein "Sicherheitsfußball" wie unter Hrubesch mehr, wie es Giulia Gwinn sagte.
Gwinn jubelt: Deutschlands Mut zahlte sich aus / James Gill - Danehouse/GettyImages
Solche klaren Worte sind aus dem Mund der vielleicht nächsten DFB-Kapitänin doch ungewöhnlich: Gwinn ist großer Hrubesch-Fan, betonte immer wieder, wie gut er dem Team tue. Auch sie schien aber von dem neuen Konzept begeistert. Wück scheint es gelungen zu sein, binnen kürzester Zeit ein neues Konzept vorzustellen, ohne mit dem neuen Mut alle zu überrumpeln und zu überfordern.
Mut ohne Konzept ist Naivität, aber das war beim Spiel der DFB-Frauen nicht der Fall. Zu der couragierten Leistung hinzu kam ein taktisch solider Plan, mit Seitenwechseln und Durchbrüchen über außen setzte Deutschland die englische Defensive in den ersten Minuten allzu leicht schachmatt. Wück selbst war an der Seitenlinie nicht weniger engagiert als seine Spielerinnen, wirkte mit seinen ständigen Anweisungen stets präsent.
Wück sollte nicht mit überhohen Erwartungen überfrachtet werden
Dass noch viel Arbeit zu tun ist, zeigte dann der kleine Einbruch nach 3:0-Führung, England kam nochmal ran. Das frisch erworbene Selbstvertrauen ist noch brüchig. Aber den ersten Sturm hat das DFB-Schiff mit Wück am Steuer gemeistert. In den nächsten Monaten wird es darum gehen, den Wind of Change ideal zu nutzen, den perfekten Kurs zu finden, um sich von den Neuerungen antreiben zu lassen, statt wegen ihrer gefährlich zu schwanken.
Wück hat die Segel gesetzt, und der erste Eindruck ist gut. Der größte Dank, den ihm Fans und Öffentlichkeit nun tun können, ist, die Erwartungen kleinzuhalten. Ein guter Start in die Regatta heißt noch nichts, und auch Wücks neue, mutige Spielphilosophie wird an ihre Grenzen stoßen. Vielleicht schon früher, als gedacht. Von Ideen von Wück als Retter der DFB-Frauen sollte man sich daher, bei allem berechtigten Lob, schon jetzt verabschieden.
Ein kleiner Moment des Genießens darf trotzdem sein. Allem Anfang wohnt schließlich ein Zauber inne, und der Schwung dieser ersten Wochen könnte das DFB-Team noch weit tragen.
Quelle
Ich glaub ich bin eine Signatur
Denken ist die schwerste Aufgabe ...deshalb befassen sich so wenige damit!
Denken ist die schwerste Aufgabe ...deshalb befassen sich so wenige damit!