26.02.2024 - 13:23
In Frankreich geht Hrubeschs Matchplan nicht auf
Popp, Schüller, Lohmann und die Sturmfrage
Beim 1:2 in Frankreich verwirft Horst Hrubesch seinen Matchplan nach 45 Minuten. Das 4-4-2 mit Lea Schüller und Alexandra Popp in der Doppelspitze bringt keinen durchschlagenden Erfolg. Wie verfährt der Interims-Bundestrainer nun, wenn es in den Niederlanden darum geht, die letzte Chance auf ein Olympia-Ticket zu nutzen?
Die Doppelspitze blieb ohne Erfolg: Alexandra Popp (re.) und Lea Schüller nach Frankreichs Treffer zum 2:0. picture alliance/dpa
Aus Lyon/Frankreich berichtet Leon Elspaß
Die Antwort folgte prompt, und sie verwunderte ein wenig. Ob man nun sagen könne, dass der Matchplan mit der Doppelspitze Lea Schüller/Alexandra Popp in der ersten Hälfte nicht richtig gepasst habe, wurde Horst Hrubesch nach dem 1:2 in Frankreich gefragt. Und der Interims-Bundestrainer verneinte: "Das würde ich nicht so sehen." Es folgte eine kurze Ausführung darüber, dass es auch in Halbzeit eins 20 Minuten gegeben habe, die unter Kontrolle gewesen seien. Richtig überzeugend waren seine Argumente allerdings nicht.
Zumal er an anderer Stelle vielfach die bessere zweite Halbzeit ansprach, explizit die fußballerische Leistung nach der Pause hervorhob - und, das wog freilich am schwersten, seinen Matchplan nach den ersten 45 Minuten komplett über den Haufen geworfen hatte. Eine sinnige Entscheidung - die Ursprungsidee ging schließlich nicht auf. Das konnte man an mehrerlei Beobachtungen festmachen.
Wer die kopfballstarken Schüller und Popp zeitgleich aufbietet, der sieht das Flankenspiel als ganz wichtiges Mittel an. Exakt dieses Mittel indes konnte die Nationalelf in der ersten Hälfte des Nations-League-Halbfinals nur sehr bedingt ausspielen. Die eine oder andere Ecke flog herein, zudem mühte sich die agile Klara Bühl auf dem linken Flügel, kam zweimal zum Abschluss. Doch dass die DFB-Auswahl über die Außen durchbrach, blieb eher eine Seltenheit. Die Folge: Bayerns Schüller und Wolfsburgs Popp fehlten verwertbare Zuspiele.
Nach der Umstellung zur zweiten Halbzeit ist die DFB-Elf besser im Spiel
Svenja Huth wurde auf der rechten Seite lahmgelegt. Die Außenverteidigerinnen Giulia Gwinn und Sarai Linder schoben nur selten selbstbewusst nach vorn - womöglich wegen des Hintergedankens, dass sie es mit äußerst flinken und konterstarken Französinnen aufnehmen mussten. Darüber hinaus kam es der wackeligen DFB-Elf nicht gerade zugute, dass der Zehnerraum oftmals unbesetzt blieb.
Popp und auch Schüller ließen sich zwar zuweilen fallen - der Ertrag blieb allerdings gering. Nach Ballgewinn wurde die Kugel oftmals ziemlich zügig wieder verloren, lange Schläge auf das Duo verpufften. Und wenn die beiden Angreiferinnen doch mal einen Ball sicherten, waren sie vorne recht isoliert. "Gerade wenn wir den Ball gewonnen hatten, haben wir schnell tief und vor allem hoch gespielt, obwohl wir relativ viel Raum hatten, gerade vor der Kette, um dort flach hineinzuspielen", sagte Popp, die in der ersten Hälfte Mut und Sicherheit vermisste.
Warum es nach der Pause besser lief? Keine der Protagonistinnen verwies konkret auf die Umstellungen. Dass sie einen Effekt hatten, und dass die deutsche Elf im 4-2-3-1 respektive 4-3-3 besser ins Spiel fand, war aber offensichtlich. Die dynamischere Jule Brand ersetzte Huth, Sara Däbritz brachte sich im zentralen Mittelfeld ein - und Sydney Lohmann machte sich fortan im Zehnerraum verdient.
Lohmann erweist sich als belebendes Element für die DFB-Auswahl
Die Spielerin des FC Bayern hat ihre Fähigkeiten in den Halbräumen schon oftmals unter Beweis gestellt, und auch in Lyon war sie ein belebendes Element, beschäftigte die beiden Sechserinnen Frankreichs, bot sich als Anspielstation an. Dass darüber hinaus Däbritz und Sjoeke Nüsken dabei mithalfen, die verschiedenen Ebenen im Mittelfeldzentrum zu besetzen und zu bespielen, kam der DFB-Auswahl im Kombinationsspiel entgegen. Die häufig klaffende Lücke zwischen dem mittleren und vorderen Mannschaftsteil wurde damit geschlossen.
Sicher war die Spielanlage gegen nun etwas abwartendere Französinnen auch in der zweiten Halbzeit bei weitem nicht perfekt, und auch in der zweiten Halbzeit traf Hrubeschs Nationalelf in Person von Gwinn nur per Handelfmeter. Dennoch taugten die Umbauten der DFB-Elf merkbar. Sie spielte flexibler, entwickelte etwas mehr Durchschlagskraft, war insgesamt gefährlicher, mutiger, weshalb sich die Frage stellt, wie Hrubesch am nächsten Mittwoch in den Niederlanden an den Start gehen will.
Bekenntnis
Dort gilt es bekanntlich, die letzte Chance auf die Olympia-Qualifikation zu nutzen. Setzt er in dieser Partie mit Finalcharakter erneut auf Huth? Bringt er erneut Schüller, die sich zwar redlich abmühte, aber nur einmal gut in Szene gesetzt (Nüsken, 38.) und ohne Torschuss nach 45 Minuten auf die Ersatzbank versetzt wurde? Oder vertraut er neuen Kräften? Vor allem Lohmann, eventuell aber auch Däbritz und Brand, die deutlich frischer als Vize-Kapitänin Huth wirkte, böten sich gegen die Niederlande für die Startelf an.
Kapitänin Popp vermied es am späten Freitagabend, sich in dieser Frage - Doppelspitze oder nicht? - zu positionieren. "Das ist die Entscheidung des Trainers." Ihr sei es egal, ob sie im Zweiersturm oder mit einer Zehnerin im Rücken auflaufe. Das, was Hrubesch sage, werde gemacht. Bleibt also abzuwarten, was der Interims-Bundestrainer vorgibt. Sollte er an der Doppelspitze festhalten, würde es allerdings überraschen.
Quelle Popp vermeidet ein klares
Vor Olympia-Entscheidungsspiel gegen Niederlande
Nach Platzwunde: Hegering fühlt sich wieder fit - und warnt vor Beerensteyn
Gegen Frankreich im Nations-League-Halbfinale musste Marina Hegering zur Halbzeit raus. Nun gibt sie Entwarnung, lobt eine Mitspielerin überschwänglich und weiß, auf welche Niederländerin sie sehr aufpassen muss.
Wieder startklar: Die verletzungserprobte Marina Hegering kann gegen die Niederlande auflaufen. IMAGO/MIS
Ihre Platzwunde im Mund unterhalb der Lippe musste mit zwei Stichen genäht werden. Doch das hält Marina Hegering nicht davon ab, am Mittwoch (20.45 Uhr, LIVE! bei kicker) in Heerenveen aufzulaufen. Gegen die Niederlande geht es im Spiel um Platz drei der Nations League dann um das letzte europäische Olympia-Ticket.
"Mir geht's so weit gut. Ich hatte ein bisschen Kreislaufprobleme, von daher war es wahrscheinlich nicht clever weiterzuspielen", sagte Hegering am Sonntag. "Aber der Tag gestern hat sehr gutgetan, ich habe mich heute auf dem Platz auch wieder wohlgefühlt."
Kurz nach ihrer Verletzung war das 0:1 gegen Frankreich gefallen (Endstand 1:2), doch das eine habe mit dem anderen nichts zu tun gehabt. "Auf dem Platz ging es mir noch sehr gut", betonte die 33-Jährige, deswegen habe sie sich auch nicht auswechseln lassen. Erst in der Halbzeit habe sich das geändert.
Nüsken bittet um Geduld für die neue Doppel-Sechs
Für sie rückte Lena Oberdorf aus dem Mittelfeld nach hinten in die Viererkette. Bleibt die Frage, wen Hrubesch nun von Beginn an wo aufstellen wird. "Lena ist eine Spielerin, die im zentralen Bereich alles spielen kann", sagte Hegering und übertrieb dann etwas mit ihrem Lob: "Die kann man vorne in die Spitze stellen, auf der Zehn, der Acht, der Sechs und in der Innenverteidigung."
Ihre Wolfsburger Kollegin bringe "ein herausragendes Talent und alle Fähigkeiten mit, um sämtliche Positionen zu spielen". Oberdorfs Nebenfrau der ersten Hälfte im zentralen Mittelfeld war Sjoeke Nüsken.
Die Chelsea-Spielerin bat um etwas Geduld, damit sich die neue Doppelsechs mit ihr und Oberdorf einspielen könne, - und war recht zufrieden: "Wir standen kompakt, haben das Zentrum defensiv zugemacht - wie es die Vorgabe war." In der ersten Halbzeit sei es schwierig gewesen, offensive Akzente zu setzen: "Der Weg nach vorne war relativ weit." Nach Wiederanpfiff habe man weiter vorgeschoben, sodass es besser geklappt habe.
Zentrales Mittelfeld der Niederlande "sehr stark besetzt"
Die Enttäuschung nach Abpfiff sei "riesengroß" gewesen, sagte die Chelsea-Spielerin: "weil das Team auf dem Platz das Gefühl hatte, dass viel mehr drin war." Mit dem Druck des nun anstehenden Endspiels gehe jede Spielerin anders um, so Nüsken weiter, die einen Platz in der Startaufstellung sicher haben sollte. Durch die zweite Halbzeit des Frankreich-Spiels könne man "einen gewissen Schwung" mit in die Partie gegen die Niederlande nehmen.
Die Oranje Leeuwinnen verloren parallel 0:3 gegen Spanien, haben sich aber dennoch viel Respekt bei den DFB-Spielerinnen aufgebaut. "Die Niederlande sind gerade im Zentrum sehr stark besetzt und sehr eingespielt", sagte Hegering und spielte aufs stabile Dreiermittelfeld aus Danielle van de Donk, Sherida Spitse und Jackie Groenen an. Sie hob im Angriff die "unfassbar schnelle" Ex-Münchnerin Lineth Beerensteyn heraus.
Dass im Falle einer abermaligen Niederlage und dem Verpassen von Olympia die Zeit von Horst Hrubesch an der Seitenlinie der Nationalmannschaft enden würde, ist dem Team bewusst. "Er hat auch gesagt, dass er das erste Mal mit uns Mädels verloren hat", berichtete Hegering: "Das war uns nicht so ganz klar."
Paul Bartmuß
Quelle
Kommentar: Nicht nur die Spielerinnen müssen sich steigern
Die DFB-Frauen haben das Halbfinale der Nations League gegen Frankreich mit 1:2 verloren. Bundestrainer Horst Hrubesch gab keine überzeugende Figur ab. Ein Kommentar
Von Daniel Holfelder | Feb 24, 2024
Horst Hrubesch / Michael Steele/GettyImages
Der deutschen Frauen-Nationalmannschaft droht nach dem blamablen Abschneiden bei der WM die nächste Enttäuschung. Im Final Four der Nations League müssen Alexandra Popp und Co. mindestens Dritter werden, um sich für die Olympischen Spiele im Sommer zu qualifizieren. Den ersten Matchball hat das Team am Freitagabend vergeben. Im Halbfinale gegen Frankreich setzte es eine 1:2-Niederlage.
Damit es doch noch mit der Olympia-Quali klappt, müssen die deutschen Fußballerinnen nun das Spiel um Platz drei gegen die Niederlande gewinnen. Eine Leistung wie gegen die Französinnen darf sich die DFB-Elf dabei nicht erlauben. Viel zu mutlos war der Auftritt gegen die Équipe Tricolore, viel zu ideenlos das Spiel nach vorne. Torschützin Giulia Gwinn sprach hinterher zu Recht von "Angsthasenfußball". Dass Deutschland nach der Pause besser ins Spiel kam, war vor allem der Taktik der Französinnen geschuldet, die sich angesichts der 2:0-Führung zurückzogen und auf Konter lauerten.
Hrubesch redet die Niederlage schön
Umso befremdlicher wirkte die Analyse von Bundestrainer Horst Hrubesch. Der 72-Jährige redete die Niederlage schön. In der ersten Halbzeit habe seine Mannschaft zwar zu viele Fehler gemacht, gab Hrubesch am ARD-Mikrofon zu. Im zweiten Durchgang, fuhr er fort, habe man das Spiel aber bestimmt und nur keine Tore gemacht. Insgesamt fiel Hrubeschs Bewertung des Spiels reichlich oberflächlich aus. Bleibt zu hoffen, dass die HSV-Legende intern anders mit seinen Spielerinnen ins Gericht geht als nach außen.
Auch seine eigenen Entscheidungen sollte Hrubesch hinterfragen. Dass er die Aufstellung und sogar die bevorzugte Taktik (Flanken auf die kopfballstarken Popp und Schüller) schon Tage vor dem Spiel verriet, dürfte den Französinnen zumindest nicht geschadet haben. Funktioniert hat der Ansatz nicht wirklich. Flanken gut und schön, aber es braucht auch spielerische Lösungen, um überhaupt in gefährliche Flankenpositionen zu kommen. An Kreativität nach vorne mangelt es dem deutschen Team ohnehin, wie wir spätestens seit der WM wissen. Im Oktober trat Hrubesch die Nachfolge von Martina Voss-Tecklenburg an. Hat es bislang eine spielerische
Weiterentwicklung gegeben?
Hinzu kommen unglückliche Personalentscheidungen. Sarai Linder hatte ihre linke Seite gegen die pfeilschnelle Kadidiatou Diani überhaupt nicht im Griff. Eine Alternative für die Hoffenheimerin gab es gegen Frankreich und gibt es auch gegen die Niederlande nicht. Auf Linders Konkurrentin Felicitas Rauch hat Hrubesch bei der Kadernominierung verzichtet und auch keine andere gelernte Linksverteidigerin berufen.
Keine Wechsel im zweiten Durchgang
Eine weitere Stürmerin im Kader hätte dem deutschen Team angesichts des 0:2-Rückstands ebenfalls gut zu Gesicht gestanden. Da Hrubesch sowohl Alexandra Popp als auch Lea Schüller von Beginn an aufbot, saßen ausschließlich Torhüterinnen, Verteidigerinnen und Mittelfeldspielerinnen auf der Ersatzbank. Warum Nicole Anyomi, immerhin eine der Topscorerinnen der Bundesliga und bisher stets fester Bestandteil des Kaders, zu Hause bleiben musste, weiß nur der Bundestrainer.
Positiv muss erwähnt werden, dass Hrubesch zur Pause reagierte, von 4-2-2 auf 4-2-3-1 umstellte und dreimal wechselte. Vor allem Jule Brand sorgte in der zweiten Halbzeit für Schwung. Unverständlich blieb jedoch, warum Hrubesch im Laufe der zweiten 45 Minuten keine weiteren Wechsel vornahm. Mit Elisa Senß, Linda Dallmann, Laura Freigang und Vivien Endemann standen genug Offensivkräfte (wenn auch keine gelernte Angreiferin) zur Verfügung. Auch die Entscheidung, die gelb-verwarnte Lena Oberdorf für die verletzte Marina Hegering ins Abwehrzentrum zu beordern, hätte Hrubesch auf die Füße fallen können. Mit Sara Doorsoun und Sophia Kleinherne saßen zwei Innenverteidigerinnen 90 Minuten lang auf der Bank.
Fazit: Gegen die Niederlande müssen sich nicht nur die Spielerinnen steigern. Auch der Bundestrainer ist in der Pflicht. Die Nationalmannschaft braucht mehr als einen Gute-Laune-Onkel. Das gilt übrigens auch dann, wenn gegen die Elftal ein Sieg gelingt - trotz der Jobgarantie, die Hrubesch im Falle einer erfolgreichen Olympia-Quali vom DFB bekommen hat.
Quelle
Popp, Schüller, Lohmann und die Sturmfrage
Beim 1:2 in Frankreich verwirft Horst Hrubesch seinen Matchplan nach 45 Minuten. Das 4-4-2 mit Lea Schüller und Alexandra Popp in der Doppelspitze bringt keinen durchschlagenden Erfolg. Wie verfährt der Interims-Bundestrainer nun, wenn es in den Niederlanden darum geht, die letzte Chance auf ein Olympia-Ticket zu nutzen?
Die Doppelspitze blieb ohne Erfolg: Alexandra Popp (re.) und Lea Schüller nach Frankreichs Treffer zum 2:0. picture alliance/dpa
Aus Lyon/Frankreich berichtet Leon Elspaß
Die Antwort folgte prompt, und sie verwunderte ein wenig. Ob man nun sagen könne, dass der Matchplan mit der Doppelspitze Lea Schüller/Alexandra Popp in der ersten Hälfte nicht richtig gepasst habe, wurde Horst Hrubesch nach dem 1:2 in Frankreich gefragt. Und der Interims-Bundestrainer verneinte: "Das würde ich nicht so sehen." Es folgte eine kurze Ausführung darüber, dass es auch in Halbzeit eins 20 Minuten gegeben habe, die unter Kontrolle gewesen seien. Richtig überzeugend waren seine Argumente allerdings nicht.
Zumal er an anderer Stelle vielfach die bessere zweite Halbzeit ansprach, explizit die fußballerische Leistung nach der Pause hervorhob - und, das wog freilich am schwersten, seinen Matchplan nach den ersten 45 Minuten komplett über den Haufen geworfen hatte. Eine sinnige Entscheidung - die Ursprungsidee ging schließlich nicht auf. Das konnte man an mehrerlei Beobachtungen festmachen.
Wer die kopfballstarken Schüller und Popp zeitgleich aufbietet, der sieht das Flankenspiel als ganz wichtiges Mittel an. Exakt dieses Mittel indes konnte die Nationalelf in der ersten Hälfte des Nations-League-Halbfinals nur sehr bedingt ausspielen. Die eine oder andere Ecke flog herein, zudem mühte sich die agile Klara Bühl auf dem linken Flügel, kam zweimal zum Abschluss. Doch dass die DFB-Auswahl über die Außen durchbrach, blieb eher eine Seltenheit. Die Folge: Bayerns Schüller und Wolfsburgs Popp fehlten verwertbare Zuspiele.
Nach der Umstellung zur zweiten Halbzeit ist die DFB-Elf besser im Spiel
Svenja Huth wurde auf der rechten Seite lahmgelegt. Die Außenverteidigerinnen Giulia Gwinn und Sarai Linder schoben nur selten selbstbewusst nach vorn - womöglich wegen des Hintergedankens, dass sie es mit äußerst flinken und konterstarken Französinnen aufnehmen mussten. Darüber hinaus kam es der wackeligen DFB-Elf nicht gerade zugute, dass der Zehnerraum oftmals unbesetzt blieb.
Popp und auch Schüller ließen sich zwar zuweilen fallen - der Ertrag blieb allerdings gering. Nach Ballgewinn wurde die Kugel oftmals ziemlich zügig wieder verloren, lange Schläge auf das Duo verpufften. Und wenn die beiden Angreiferinnen doch mal einen Ball sicherten, waren sie vorne recht isoliert. "Gerade wenn wir den Ball gewonnen hatten, haben wir schnell tief und vor allem hoch gespielt, obwohl wir relativ viel Raum hatten, gerade vor der Kette, um dort flach hineinzuspielen", sagte Popp, die in der ersten Hälfte Mut und Sicherheit vermisste.
Warum es nach der Pause besser lief? Keine der Protagonistinnen verwies konkret auf die Umstellungen. Dass sie einen Effekt hatten, und dass die deutsche Elf im 4-2-3-1 respektive 4-3-3 besser ins Spiel fand, war aber offensichtlich. Die dynamischere Jule Brand ersetzte Huth, Sara Däbritz brachte sich im zentralen Mittelfeld ein - und Sydney Lohmann machte sich fortan im Zehnerraum verdient.
Lohmann erweist sich als belebendes Element für die DFB-Auswahl
Die Spielerin des FC Bayern hat ihre Fähigkeiten in den Halbräumen schon oftmals unter Beweis gestellt, und auch in Lyon war sie ein belebendes Element, beschäftigte die beiden Sechserinnen Frankreichs, bot sich als Anspielstation an. Dass darüber hinaus Däbritz und Sjoeke Nüsken dabei mithalfen, die verschiedenen Ebenen im Mittelfeldzentrum zu besetzen und zu bespielen, kam der DFB-Auswahl im Kombinationsspiel entgegen. Die häufig klaffende Lücke zwischen dem mittleren und vorderen Mannschaftsteil wurde damit geschlossen.
Sicher war die Spielanlage gegen nun etwas abwartendere Französinnen auch in der zweiten Halbzeit bei weitem nicht perfekt, und auch in der zweiten Halbzeit traf Hrubeschs Nationalelf in Person von Gwinn nur per Handelfmeter. Dennoch taugten die Umbauten der DFB-Elf merkbar. Sie spielte flexibler, entwickelte etwas mehr Durchschlagskraft, war insgesamt gefährlicher, mutiger, weshalb sich die Frage stellt, wie Hrubesch am nächsten Mittwoch in den Niederlanden an den Start gehen will.
Bekenntnis
Dort gilt es bekanntlich, die letzte Chance auf die Olympia-Qualifikation zu nutzen. Setzt er in dieser Partie mit Finalcharakter erneut auf Huth? Bringt er erneut Schüller, die sich zwar redlich abmühte, aber nur einmal gut in Szene gesetzt (Nüsken, 38.) und ohne Torschuss nach 45 Minuten auf die Ersatzbank versetzt wurde? Oder vertraut er neuen Kräften? Vor allem Lohmann, eventuell aber auch Däbritz und Brand, die deutlich frischer als Vize-Kapitänin Huth wirkte, böten sich gegen die Niederlande für die Startelf an.
Kapitänin Popp vermied es am späten Freitagabend, sich in dieser Frage - Doppelspitze oder nicht? - zu positionieren. "Das ist die Entscheidung des Trainers." Ihr sei es egal, ob sie im Zweiersturm oder mit einer Zehnerin im Rücken auflaufe. Das, was Hrubesch sage, werde gemacht. Bleibt also abzuwarten, was der Interims-Bundestrainer vorgibt. Sollte er an der Doppelspitze festhalten, würde es allerdings überraschen.
Quelle Popp vermeidet ein klares
Vor Olympia-Entscheidungsspiel gegen Niederlande
Nach Platzwunde: Hegering fühlt sich wieder fit - und warnt vor Beerensteyn
Gegen Frankreich im Nations-League-Halbfinale musste Marina Hegering zur Halbzeit raus. Nun gibt sie Entwarnung, lobt eine Mitspielerin überschwänglich und weiß, auf welche Niederländerin sie sehr aufpassen muss.
Wieder startklar: Die verletzungserprobte Marina Hegering kann gegen die Niederlande auflaufen. IMAGO/MIS
Ihre Platzwunde im Mund unterhalb der Lippe musste mit zwei Stichen genäht werden. Doch das hält Marina Hegering nicht davon ab, am Mittwoch (20.45 Uhr, LIVE! bei kicker) in Heerenveen aufzulaufen. Gegen die Niederlande geht es im Spiel um Platz drei der Nations League dann um das letzte europäische Olympia-Ticket.
"Mir geht's so weit gut. Ich hatte ein bisschen Kreislaufprobleme, von daher war es wahrscheinlich nicht clever weiterzuspielen", sagte Hegering am Sonntag. "Aber der Tag gestern hat sehr gutgetan, ich habe mich heute auf dem Platz auch wieder wohlgefühlt."
Kurz nach ihrer Verletzung war das 0:1 gegen Frankreich gefallen (Endstand 1:2), doch das eine habe mit dem anderen nichts zu tun gehabt. "Auf dem Platz ging es mir noch sehr gut", betonte die 33-Jährige, deswegen habe sie sich auch nicht auswechseln lassen. Erst in der Halbzeit habe sich das geändert.
Nüsken bittet um Geduld für die neue Doppel-Sechs
Für sie rückte Lena Oberdorf aus dem Mittelfeld nach hinten in die Viererkette. Bleibt die Frage, wen Hrubesch nun von Beginn an wo aufstellen wird. "Lena ist eine Spielerin, die im zentralen Bereich alles spielen kann", sagte Hegering und übertrieb dann etwas mit ihrem Lob: "Die kann man vorne in die Spitze stellen, auf der Zehn, der Acht, der Sechs und in der Innenverteidigung."
Ihre Wolfsburger Kollegin bringe "ein herausragendes Talent und alle Fähigkeiten mit, um sämtliche Positionen zu spielen". Oberdorfs Nebenfrau der ersten Hälfte im zentralen Mittelfeld war Sjoeke Nüsken.
Die Chelsea-Spielerin bat um etwas Geduld, damit sich die neue Doppelsechs mit ihr und Oberdorf einspielen könne, - und war recht zufrieden: "Wir standen kompakt, haben das Zentrum defensiv zugemacht - wie es die Vorgabe war." In der ersten Halbzeit sei es schwierig gewesen, offensive Akzente zu setzen: "Der Weg nach vorne war relativ weit." Nach Wiederanpfiff habe man weiter vorgeschoben, sodass es besser geklappt habe.
Zentrales Mittelfeld der Niederlande "sehr stark besetzt"
Die Enttäuschung nach Abpfiff sei "riesengroß" gewesen, sagte die Chelsea-Spielerin: "weil das Team auf dem Platz das Gefühl hatte, dass viel mehr drin war." Mit dem Druck des nun anstehenden Endspiels gehe jede Spielerin anders um, so Nüsken weiter, die einen Platz in der Startaufstellung sicher haben sollte. Durch die zweite Halbzeit des Frankreich-Spiels könne man "einen gewissen Schwung" mit in die Partie gegen die Niederlande nehmen.
Die Oranje Leeuwinnen verloren parallel 0:3 gegen Spanien, haben sich aber dennoch viel Respekt bei den DFB-Spielerinnen aufgebaut. "Die Niederlande sind gerade im Zentrum sehr stark besetzt und sehr eingespielt", sagte Hegering und spielte aufs stabile Dreiermittelfeld aus Danielle van de Donk, Sherida Spitse und Jackie Groenen an. Sie hob im Angriff die "unfassbar schnelle" Ex-Münchnerin Lineth Beerensteyn heraus.
Dass im Falle einer abermaligen Niederlage und dem Verpassen von Olympia die Zeit von Horst Hrubesch an der Seitenlinie der Nationalmannschaft enden würde, ist dem Team bewusst. "Er hat auch gesagt, dass er das erste Mal mit uns Mädels verloren hat", berichtete Hegering: "Das war uns nicht so ganz klar."
Paul Bartmuß
Quelle
Kommentar: Nicht nur die Spielerinnen müssen sich steigern
Die DFB-Frauen haben das Halbfinale der Nations League gegen Frankreich mit 1:2 verloren. Bundestrainer Horst Hrubesch gab keine überzeugende Figur ab. Ein Kommentar
Von Daniel Holfelder | Feb 24, 2024
Horst Hrubesch / Michael Steele/GettyImages
Der deutschen Frauen-Nationalmannschaft droht nach dem blamablen Abschneiden bei der WM die nächste Enttäuschung. Im Final Four der Nations League müssen Alexandra Popp und Co. mindestens Dritter werden, um sich für die Olympischen Spiele im Sommer zu qualifizieren. Den ersten Matchball hat das Team am Freitagabend vergeben. Im Halbfinale gegen Frankreich setzte es eine 1:2-Niederlage.
Damit es doch noch mit der Olympia-Quali klappt, müssen die deutschen Fußballerinnen nun das Spiel um Platz drei gegen die Niederlande gewinnen. Eine Leistung wie gegen die Französinnen darf sich die DFB-Elf dabei nicht erlauben. Viel zu mutlos war der Auftritt gegen die Équipe Tricolore, viel zu ideenlos das Spiel nach vorne. Torschützin Giulia Gwinn sprach hinterher zu Recht von "Angsthasenfußball". Dass Deutschland nach der Pause besser ins Spiel kam, war vor allem der Taktik der Französinnen geschuldet, die sich angesichts der 2:0-Führung zurückzogen und auf Konter lauerten.
Hrubesch redet die Niederlage schön
Umso befremdlicher wirkte die Analyse von Bundestrainer Horst Hrubesch. Der 72-Jährige redete die Niederlage schön. In der ersten Halbzeit habe seine Mannschaft zwar zu viele Fehler gemacht, gab Hrubesch am ARD-Mikrofon zu. Im zweiten Durchgang, fuhr er fort, habe man das Spiel aber bestimmt und nur keine Tore gemacht. Insgesamt fiel Hrubeschs Bewertung des Spiels reichlich oberflächlich aus. Bleibt zu hoffen, dass die HSV-Legende intern anders mit seinen Spielerinnen ins Gericht geht als nach außen.
Auch seine eigenen Entscheidungen sollte Hrubesch hinterfragen. Dass er die Aufstellung und sogar die bevorzugte Taktik (Flanken auf die kopfballstarken Popp und Schüller) schon Tage vor dem Spiel verriet, dürfte den Französinnen zumindest nicht geschadet haben. Funktioniert hat der Ansatz nicht wirklich. Flanken gut und schön, aber es braucht auch spielerische Lösungen, um überhaupt in gefährliche Flankenpositionen zu kommen. An Kreativität nach vorne mangelt es dem deutschen Team ohnehin, wie wir spätestens seit der WM wissen. Im Oktober trat Hrubesch die Nachfolge von Martina Voss-Tecklenburg an. Hat es bislang eine spielerische
Weiterentwicklung gegeben?
Hinzu kommen unglückliche Personalentscheidungen. Sarai Linder hatte ihre linke Seite gegen die pfeilschnelle Kadidiatou Diani überhaupt nicht im Griff. Eine Alternative für die Hoffenheimerin gab es gegen Frankreich und gibt es auch gegen die Niederlande nicht. Auf Linders Konkurrentin Felicitas Rauch hat Hrubesch bei der Kadernominierung verzichtet und auch keine andere gelernte Linksverteidigerin berufen.
Keine Wechsel im zweiten Durchgang
Eine weitere Stürmerin im Kader hätte dem deutschen Team angesichts des 0:2-Rückstands ebenfalls gut zu Gesicht gestanden. Da Hrubesch sowohl Alexandra Popp als auch Lea Schüller von Beginn an aufbot, saßen ausschließlich Torhüterinnen, Verteidigerinnen und Mittelfeldspielerinnen auf der Ersatzbank. Warum Nicole Anyomi, immerhin eine der Topscorerinnen der Bundesliga und bisher stets fester Bestandteil des Kaders, zu Hause bleiben musste, weiß nur der Bundestrainer.
Positiv muss erwähnt werden, dass Hrubesch zur Pause reagierte, von 4-2-2 auf 4-2-3-1 umstellte und dreimal wechselte. Vor allem Jule Brand sorgte in der zweiten Halbzeit für Schwung. Unverständlich blieb jedoch, warum Hrubesch im Laufe der zweiten 45 Minuten keine weiteren Wechsel vornahm. Mit Elisa Senß, Linda Dallmann, Laura Freigang und Vivien Endemann standen genug Offensivkräfte (wenn auch keine gelernte Angreiferin) zur Verfügung. Auch die Entscheidung, die gelb-verwarnte Lena Oberdorf für die verletzte Marina Hegering ins Abwehrzentrum zu beordern, hätte Hrubesch auf die Füße fallen können. Mit Sara Doorsoun und Sophia Kleinherne saßen zwei Innenverteidigerinnen 90 Minuten lang auf der Bank.
Fazit: Gegen die Niederlande müssen sich nicht nur die Spielerinnen steigern. Auch der Bundestrainer ist in der Pflicht. Die Nationalmannschaft braucht mehr als einen Gute-Laune-Onkel. Das gilt übrigens auch dann, wenn gegen die Elftal ein Sieg gelingt - trotz der Jobgarantie, die Hrubesch im Falle einer erfolgreichen Olympia-Quali vom DFB bekommen hat.
Quelle
Ich glaub ich bin eine Signatur
Denken ist die schwerste Aufgabe ...deshalb befassen sich so wenige damit!
Denken ist die schwerste Aufgabe ...deshalb befassen sich so wenige damit!