16.01.2024 - 13:30
16.01.2024 - 12:01 Uhr | News | Quelle: Soccerdonna | von: Kay-Ole Schönemann
Anne Pochert: Ich schaue positiv in die Zukunft
©Karim El Boujdaini/FC Carl Zeiss Jena
Im Oktober 2023 wird Anne Pochert überraschend als Trainerin von Grashopper Zürich, mit einem Punkteschnitt von 1,81 Punkten pro Spiel, entlassen. Seitdem ist die 37-Jährige vereinslos und offen für eine neue Herausforderung. Im Interview mit Soccerdonna spricht Pochert über ihre Zeit bei GC Zürich, wie sie eine mögliche Anstellung in Zukunft angehen will und wie sich der Frauenfußball verändert hat.
Soccerdonna: Frau Pochert am 18. Oktober wurden Sie vom GC Zürich entlassen. Wie überraschend kam die Entlassung, oder hatte sich die Trennung bereits abgezeichnet?
Anne Pochert: Die Entlassung kam für mein Trainerteam und mich sehr überraschend. Es hat sich dahingehend nichts angedeutet. Aber so ist das Fußballgeschäft. Sicherlich war er eine schwere Zeit, aber das Feedback der Mannschaft und Trainerkollegen in der Schweiz war überwältigend. Ich kann die Entscheidung somit auch einordnen. Nun ist es aber Zeit nach vorne zu schauen.
Soccerdonna: Zürich stellt in dieser Saison den zweitjüngsten Kader der Liga. Wichtige Spielerinnen wie Katja Wienerroither (RB Leipzig) und Marta Cazalla (TSG 1899 Hoffenheim) verließen den Klub. War ein Leistungseinbruch nicht absehbar?
Anne Pochert: Das ist richtig. Es sind sogar noch mehr Spielerinnen gegangen, die eine wichtige Stütze und Garanten des Erfolgs der letzten Saison waren. Aber deren Weggang hat sich früh abgezeichnet, somit konnten wir für die kommende Saison planen und haben uns bewusst dazu entschieden, jungen Talenten eine Chance zu geben. Das dies Zeit erfordert, muss jedem bewusst sein. Nur Geduld und Zeit ist in diesem Geschäft auf diesem Niveau leider nicht jedem gegeben.
Soccerdonna: Hatten Sie Mitspracherecht bei der Kaderplanung?
Anne Pochert: Ja, wir haben zu großen Teilen die Kaderplanung gemeinsam gemacht. Die kurzen Wege waren bei GC immer eine Stärke.
Soccerdonna: Hinterher ist man ja bekanntlich schlauer, gibt es Dinge, die Sie im Nachhinein gern anders gemacht hätten? Würden Siegewisse Aspekte bei einem potentiellen neuen Arbeitgeber zukünftig anders angehen?
Anne Pochert: Natürlich habe ich die letzten Wochen intensiv dazu genutzt, meine Arbeit und mich zu reflektieren. Gespräche mit meinem Berater, meiner Familie und Trainerkollegen habe ich intensiv geführt. Mir ist bewusst, dass jeder Mensch Fehler macht. Und diese gehören auch dazu, um sich weiterzuentwickeln. Einen sehr guten Trainer zeichnet aus, dass er bereit ist, sich jeden Tag aufs Neue den Herausforderungen des Geschäfts zu stellen. Dies werde ich auch weiterhin tun, aber mir vor allem treu bleiben.
Soccerdonna: Wie blicken Sie mit diesen Erfahrungen in die Zukunft? Gibt es Aspekte, die Sie bei Ihrem nächsten Arbeitgeber anders machen würden?
Anne Pochert: Ich schaue positiv in die Zukunft. Eine solche Erfahrung gehört auf diesem Niveau nun mal dazu und lässt sich meist nicht vermeiden. Auch der Frauenfußball wird immer kommerzieller, immer mehr Menschen entscheiden daher mit. Man kann es nicht jedem recht machen. Man muss nur hier einen Weg finden, wie man eine gute sportliche Arbeitsatmosphäre schafft. Das wird auch weiterhin mein Ziel sein.
Soccerdonna: Seit Ihrer Entlassung sind nun ein paar Wochen vergangen. Wie haben Sie die vergangenen Monate nach Ihrem Aus in Zürich konkret genutzt?
Anne Pochert: Ich habe vor allem erst einmal Zeit mit meiner Familie verbracht. Ich bin mittlerweile seit fast 20 Jahren im Trainergeschäft tätig. Das erfordert viel Zeit. Meine Familie musste daher enorm zurückstecken. Ich wollte nun etwas Zeit aufholen und etwas zurückgeben. Das tat sehr gut. Außerdem blieb in den letzten Jahren wenig Zeit für mich selbst. Mit Sport und Lesen habe ich versucht auch etwas für mich zu tun. An Weiterbildungen habe ich auch teilgenommen, um mich vor allem auch in anderen Bereichen weiterzubilden. Dafür bleibt während der Saison meist kaum Zeit.
Soccerdonna: Wie soll es für Sie weitergehen? Sind Sie schon bereit für eine neue Herausforderung?
Anne Pochert: Ich habe mir dazu schon einige Gedanken gemacht. Optionen gibt es eine Menge. Aber ich möchte nichts überstürzen. Ich schaue und höre mir ein paar Sachen an. Wenn etwas kommt, was zu mir passt, werde ich mich entscheiden.
Soccerdonna: Gab es schon konrekte Anfragen?
Anne Pochert: Wie gesagt, Optionen gab es, aber das war für mich kein Thema. Das hätte sich für mich nach so kurzer Zeit auch nicht richtig angefühlt.
Soccerdonna: Könnten Sie sich auch vorstellen das Amt der Bundestrainerin zu übernehmen? Immerhin ist der Posten nach den Olympischen Spielen noch vakant.
Anne Pochert: Darüber sollten sich andere Gedanken machen. Ich habe auch während meiner Zeit in der Schweiz den deutschen Frauenfußball intensiv verfolgt und freue mich sehr, dass die Nationalmannschaft noch im Rennen um ein Ticket für die Olympischen Spiele ist. Jetzt drückt ganz Fußballdeutschland die Daumen, dass sie gegen Frankreich die nächste Hürde nehmen.
Soccerdonna: Die letzten zwei Jahre waren sehr intensiv für den Frauenfußball. Durch die Europameisterschaft und Weltmeisterschaft ist das mediale Interesse deutlich mehr gestiegen, ebenso durch die gestiegene Anzahl an Übertragungen. Wie sehen Sie die Entwicklung des Frauenfußballs?
Anne Pochert: Die Entwicklung des Frauenfußballs geht in die richtige Richtung. Die großen Nationen, wie Spanien oder England machen es aber besonders gut. Das Geld kommt an den richtigen Stellen an, weil es ein konkretes Entwicklungs- und Förderkonzept gibt. Deutschland ist sicher auf dem richtigen Weg, muss aber hier weiter intensiv arbeiten, um den Abstand wieder zu verkürzen. Die steigenden Zuschauerzahlen in den deutschen Frauenstadien zeigen es. Es geht voran. Es gibt immer mehr Highlight-Spiele in den großen Arenen der Männer. Wir sollten diesen Schwung jetzt mitnehmen.
Soccerdonna: Es gibt auch negative Stimmen, wenn es um das Thema Geld geht: Werden die Fehler, die im Männerfußball gemacht wurden, jetzt in den Frauenfußball kopiert?
Anne Pochert: Ich hoffe nicht. Aber es ist klar. Eine Liga wird erst professionell, wenn auch Geld investiert wird. Das Geld sollte an allen Stellen des Systems eingebunden werden, welche für das Wachstum und die Entwicklung dieses Sports verantwortlich sind. Der Frauenfußball verdient dieselbe Wertschätzung da der Aufwand nicht geringer ist.
Soccerdonna: Mit welcher Spielerin wollten Sie schon immer mal zusammenarbeiten und warum?
Anne Pochert: Ich konnte in den letzten 20 Jahren mit vielen tollen Spielerinnen zusammenarbeiten. Es haben sich teilweise auch Freundschaften entwickelt, die ich nicht mehr missen möchte. Ich bin sehr dankbar, dass ich in diesem Bereich arbeiten darf. Man trifft nicht nur Spielerinnen, sondern auch die Menschen dahinter. Jede/r ist einzigartig und die Arbeit und Herausforderung mit ihnen hat mich zu dem Menschen werden lassen, der ich jetzt bin.
Quelle
Anne Pochert: Ich schaue positiv in die Zukunft
©Karim El Boujdaini/FC Carl Zeiss Jena
Im Oktober 2023 wird Anne Pochert überraschend als Trainerin von Grashopper Zürich, mit einem Punkteschnitt von 1,81 Punkten pro Spiel, entlassen. Seitdem ist die 37-Jährige vereinslos und offen für eine neue Herausforderung. Im Interview mit Soccerdonna spricht Pochert über ihre Zeit bei GC Zürich, wie sie eine mögliche Anstellung in Zukunft angehen will und wie sich der Frauenfußball verändert hat.
Soccerdonna: Frau Pochert am 18. Oktober wurden Sie vom GC Zürich entlassen. Wie überraschend kam die Entlassung, oder hatte sich die Trennung bereits abgezeichnet?
Anne Pochert: Die Entlassung kam für mein Trainerteam und mich sehr überraschend. Es hat sich dahingehend nichts angedeutet. Aber so ist das Fußballgeschäft. Sicherlich war er eine schwere Zeit, aber das Feedback der Mannschaft und Trainerkollegen in der Schweiz war überwältigend. Ich kann die Entscheidung somit auch einordnen. Nun ist es aber Zeit nach vorne zu schauen.
Soccerdonna: Zürich stellt in dieser Saison den zweitjüngsten Kader der Liga. Wichtige Spielerinnen wie Katja Wienerroither (RB Leipzig) und Marta Cazalla (TSG 1899 Hoffenheim) verließen den Klub. War ein Leistungseinbruch nicht absehbar?
Anne Pochert: Das ist richtig. Es sind sogar noch mehr Spielerinnen gegangen, die eine wichtige Stütze und Garanten des Erfolgs der letzten Saison waren. Aber deren Weggang hat sich früh abgezeichnet, somit konnten wir für die kommende Saison planen und haben uns bewusst dazu entschieden, jungen Talenten eine Chance zu geben. Das dies Zeit erfordert, muss jedem bewusst sein. Nur Geduld und Zeit ist in diesem Geschäft auf diesem Niveau leider nicht jedem gegeben.
Soccerdonna: Hatten Sie Mitspracherecht bei der Kaderplanung?
Anne Pochert: Ja, wir haben zu großen Teilen die Kaderplanung gemeinsam gemacht. Die kurzen Wege waren bei GC immer eine Stärke.
Soccerdonna: Hinterher ist man ja bekanntlich schlauer, gibt es Dinge, die Sie im Nachhinein gern anders gemacht hätten? Würden Siegewisse Aspekte bei einem potentiellen neuen Arbeitgeber zukünftig anders angehen?
Anne Pochert: Natürlich habe ich die letzten Wochen intensiv dazu genutzt, meine Arbeit und mich zu reflektieren. Gespräche mit meinem Berater, meiner Familie und Trainerkollegen habe ich intensiv geführt. Mir ist bewusst, dass jeder Mensch Fehler macht. Und diese gehören auch dazu, um sich weiterzuentwickeln. Einen sehr guten Trainer zeichnet aus, dass er bereit ist, sich jeden Tag aufs Neue den Herausforderungen des Geschäfts zu stellen. Dies werde ich auch weiterhin tun, aber mir vor allem treu bleiben.
Soccerdonna: Wie blicken Sie mit diesen Erfahrungen in die Zukunft? Gibt es Aspekte, die Sie bei Ihrem nächsten Arbeitgeber anders machen würden?
Anne Pochert: Ich schaue positiv in die Zukunft. Eine solche Erfahrung gehört auf diesem Niveau nun mal dazu und lässt sich meist nicht vermeiden. Auch der Frauenfußball wird immer kommerzieller, immer mehr Menschen entscheiden daher mit. Man kann es nicht jedem recht machen. Man muss nur hier einen Weg finden, wie man eine gute sportliche Arbeitsatmosphäre schafft. Das wird auch weiterhin mein Ziel sein.
Soccerdonna: Seit Ihrer Entlassung sind nun ein paar Wochen vergangen. Wie haben Sie die vergangenen Monate nach Ihrem Aus in Zürich konkret genutzt?
Anne Pochert: Ich habe vor allem erst einmal Zeit mit meiner Familie verbracht. Ich bin mittlerweile seit fast 20 Jahren im Trainergeschäft tätig. Das erfordert viel Zeit. Meine Familie musste daher enorm zurückstecken. Ich wollte nun etwas Zeit aufholen und etwas zurückgeben. Das tat sehr gut. Außerdem blieb in den letzten Jahren wenig Zeit für mich selbst. Mit Sport und Lesen habe ich versucht auch etwas für mich zu tun. An Weiterbildungen habe ich auch teilgenommen, um mich vor allem auch in anderen Bereichen weiterzubilden. Dafür bleibt während der Saison meist kaum Zeit.
Soccerdonna: Wie soll es für Sie weitergehen? Sind Sie schon bereit für eine neue Herausforderung?
Anne Pochert: Ich habe mir dazu schon einige Gedanken gemacht. Optionen gibt es eine Menge. Aber ich möchte nichts überstürzen. Ich schaue und höre mir ein paar Sachen an. Wenn etwas kommt, was zu mir passt, werde ich mich entscheiden.
Soccerdonna: Gab es schon konrekte Anfragen?
Anne Pochert: Wie gesagt, Optionen gab es, aber das war für mich kein Thema. Das hätte sich für mich nach so kurzer Zeit auch nicht richtig angefühlt.
Soccerdonna: Könnten Sie sich auch vorstellen das Amt der Bundestrainerin zu übernehmen? Immerhin ist der Posten nach den Olympischen Spielen noch vakant.
Anne Pochert: Darüber sollten sich andere Gedanken machen. Ich habe auch während meiner Zeit in der Schweiz den deutschen Frauenfußball intensiv verfolgt und freue mich sehr, dass die Nationalmannschaft noch im Rennen um ein Ticket für die Olympischen Spiele ist. Jetzt drückt ganz Fußballdeutschland die Daumen, dass sie gegen Frankreich die nächste Hürde nehmen.
Soccerdonna: Die letzten zwei Jahre waren sehr intensiv für den Frauenfußball. Durch die Europameisterschaft und Weltmeisterschaft ist das mediale Interesse deutlich mehr gestiegen, ebenso durch die gestiegene Anzahl an Übertragungen. Wie sehen Sie die Entwicklung des Frauenfußballs?
Anne Pochert: Die Entwicklung des Frauenfußballs geht in die richtige Richtung. Die großen Nationen, wie Spanien oder England machen es aber besonders gut. Das Geld kommt an den richtigen Stellen an, weil es ein konkretes Entwicklungs- und Förderkonzept gibt. Deutschland ist sicher auf dem richtigen Weg, muss aber hier weiter intensiv arbeiten, um den Abstand wieder zu verkürzen. Die steigenden Zuschauerzahlen in den deutschen Frauenstadien zeigen es. Es geht voran. Es gibt immer mehr Highlight-Spiele in den großen Arenen der Männer. Wir sollten diesen Schwung jetzt mitnehmen.
Soccerdonna: Es gibt auch negative Stimmen, wenn es um das Thema Geld geht: Werden die Fehler, die im Männerfußball gemacht wurden, jetzt in den Frauenfußball kopiert?
Anne Pochert: Ich hoffe nicht. Aber es ist klar. Eine Liga wird erst professionell, wenn auch Geld investiert wird. Das Geld sollte an allen Stellen des Systems eingebunden werden, welche für das Wachstum und die Entwicklung dieses Sports verantwortlich sind. Der Frauenfußball verdient dieselbe Wertschätzung da der Aufwand nicht geringer ist.
Soccerdonna: Mit welcher Spielerin wollten Sie schon immer mal zusammenarbeiten und warum?
Anne Pochert: Ich konnte in den letzten 20 Jahren mit vielen tollen Spielerinnen zusammenarbeiten. Es haben sich teilweise auch Freundschaften entwickelt, die ich nicht mehr missen möchte. Ich bin sehr dankbar, dass ich in diesem Bereich arbeiten darf. Man trifft nicht nur Spielerinnen, sondern auch die Menschen dahinter. Jede/r ist einzigartig und die Arbeit und Herausforderung mit ihnen hat mich zu dem Menschen werden lassen, der ich jetzt bin.
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Ich glaub ich bin eine Signatur
Denken ist die schwerste Aufgabe ...deshalb befassen sich so wenige damit!
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