SGS-Verteidigerin als Helferin im Ahrtal
Ostermeier zwischen Fußball und Feuerwehr: "So viel Solidarität hatte ich noch nie erlebt"
SGS Essens Verteidigerin Lena Ostermeier geht gleich mehreren Leidenschaften parallel nach. Nun aber steht sie vor einer wichtigen Entscheidung.
Anfangs sah sie allein die Fernsehbilder. Die Wassermassen hatten Straßen und Brücken zerstört, Bäume entwurzelt, Häuser weggerissen. Zügig kursierten Video-Aufnahmen, aufgenommen von Helikoptern, die über dem Ahrtal kreisten und die massiven Folgen dieser Jahrhundertflut aus der Luft dokumentierten. Ebenso beeindruckende wie beängstigende, erschreckende Bilder, die im Juli 2021 umhergingen und vielerlei Hilfsaktionen zur Folge hatten. Von zivilen wie professionellen Kräften - auch Lena Ostermeier machte sich in diesen Tagen bereit.
Ostermeier, 26, ist einerseits Defensivspezialistin beim Bundesligisten SGS Essen und andererseits sowohl freiwillige Feuerwehrfrau als auch Chemie-Doktorandin. Gleich dreierlei Leidenschaften geht sie so innerhalb ihrer Woche nach. Wobei die Chemie und der Sport nach der Hochwasserkatastrophe kurzfristig zurückstecken mussten. Ein paar Tage, bevor sie ins Ahrtal fuhr, erzählt Ostermeier, habe sie ihren Verein informiert, dass eine Abfrage der Feuerwehr kommen könnte. Er war also vorgewarnt. "Die Abfrage kam dann eines Tages in der Nacht und wir sind gegen vier, fünf Uhr sofort losgefahren."
Ostermeier fuhr ohne Antwort des Trainers los
Bis dahin habe Essens Coach Markus Högner nicht geantwortet, "ob das nun in Ordnung gehe oder nicht. Ich habe mich aber dafür entschieden, weil ich helfen wollte", berichtet Ostermeier und ergänzt: "Der Trainer hat sich später gemeldet und mir gesagt, dass die Entscheidung absolut richtig gewesen sei." Und anstatt auf dem Trainingsplatz zu sein, stand Ostermeier nun also im Ahrtal und sah fast gänzlich zerstörte Orte. Wenn sie davon erzählt, kommen ihr zuerst die Brücken, Häuser und Autos in den Sinn, die völlig entstellt waren oder vom Wasser weggetrieben wurden.
"Viele Menschen haben damals alles verloren", ihr Hab und Gut oder gar ihr Leben, rekapituliert Ostermeier, erinnert sich allerdings ebenso an die massive Bereitschaft, den Betroffenen vor Ort unter die Arme zu greifen. "Es wurden Menschenketten gebildet, um Häuser zu entrümpeln. Leute haben Essen und Trinken zur Verfügung gestellt", so Ostermeier. "Sie waren solidarisch, wie ich es vorher nie erlebt hatte." Ostermeier selbst half dabei, eine Schule leer zu pumpen, Straßen zu sperren und umgekippte Bäume zu zersägen.
"Alles, was gerade nötig war", habe sie mit der freiwilligen Feuerwehr erledigt, sagt sie - und erzählt: "Ich bin mit der Feuerwehr aufgewachsen. Mein Opa war in der freiwilligen Feuerwehr, mein Vater ist es noch. Als Kind bin ich ab und an mitgegangen. Und als ich mit zehn Jahren in die Jugendfeuerwehr eintreten konnte, hatte ich schon die Tage gezählt." Zusammenhalt, Spaß - all dies schreibt die aus Schwerte stammende Ostermeier dieser Arbeit zu. Und kann sich gut vorstellen, in die Berufsfeuerwehr einzutreten.
Die Abwägung indes dauert an. "Würde ich dort anfangen, wäre es nicht mehr möglich, in der Bundesliga zu spielen. Darum überlege ich noch. Alle, die mal Fußball gespielt haben, wissen, wie schön es ist, in einem Team zu spielen - zumal auf diesem Niveau. Das schmeißt man nicht einfach weg. Allerdings", und das ist die andere Seite dieser komplexen Frage, "könnte ich den Übergang in den Beruf verpassen." Auf Dauer kann und will Ostermeier, die 2013 für die SGS debütierte und im Abwehrbereich längst zur festen Größe geworden ist, schließlich nicht im Fußballsport bleiben.
"Beste Zeit" mit Hegering
Das Geld ist in der Elite-Liga der Frauen nach wie vor knapp, darüber hinaus hat Ostermeier weitere Ziele. Erst der Doktortitel in Chemie. Dann einen Platz in der Berufsfeuerwehr? Vor ihrem sportlichen Karriereende will sie mit der SGS zunächst den Klassenerhalt schaffen. Zudem sind die Essenerinnen noch im DFB-Pokal vertreten und Ostermeier würde gern noch mal ins Finale kommen. "Zweimal waren wir dort", sagt sie, "zweimal war es ein tolles Erlebnis." Auch ohne Pokalsieg.
Letztmals stand die SGS 2020 im Finale und unterlag dem VfL Wolfsburg im Elfmeterschießen. Neben Ostermeier damals in der Startelf: Lea Schüller, Lena Oberdorf und Marina Hegering, die allesamt 2022 Vize-Europameisterinnen wurden und bei Ausbildungsklub Essen in die Lehre gingen. Vor allem Hegering blieb Ostermeier in Erinnerung: Sie allein könne mit ihrer Souveränität in der Defensive und ihrer Klasse in der Spieleröffnung und im Offensivkopfball "Spiele entscheiden. Als ich neben ihr in der Kette gespielt habe - sie innen, ich außen -, war das die beste Zeit. Und manchmal vermisse ich es auch."
Leon Elspaß
Quelle
Ostermeier zwischen Fußball und Feuerwehr: "So viel Solidarität hatte ich noch nie erlebt"
SGS Essens Verteidigerin Lena Ostermeier geht gleich mehreren Leidenschaften parallel nach. Nun aber steht sie vor einer wichtigen Entscheidung.
Anfangs sah sie allein die Fernsehbilder. Die Wassermassen hatten Straßen und Brücken zerstört, Bäume entwurzelt, Häuser weggerissen. Zügig kursierten Video-Aufnahmen, aufgenommen von Helikoptern, die über dem Ahrtal kreisten und die massiven Folgen dieser Jahrhundertflut aus der Luft dokumentierten. Ebenso beeindruckende wie beängstigende, erschreckende Bilder, die im Juli 2021 umhergingen und vielerlei Hilfsaktionen zur Folge hatten. Von zivilen wie professionellen Kräften - auch Lena Ostermeier machte sich in diesen Tagen bereit.
Ostermeier, 26, ist einerseits Defensivspezialistin beim Bundesligisten SGS Essen und andererseits sowohl freiwillige Feuerwehrfrau als auch Chemie-Doktorandin. Gleich dreierlei Leidenschaften geht sie so innerhalb ihrer Woche nach. Wobei die Chemie und der Sport nach der Hochwasserkatastrophe kurzfristig zurückstecken mussten. Ein paar Tage, bevor sie ins Ahrtal fuhr, erzählt Ostermeier, habe sie ihren Verein informiert, dass eine Abfrage der Feuerwehr kommen könnte. Er war also vorgewarnt. "Die Abfrage kam dann eines Tages in der Nacht und wir sind gegen vier, fünf Uhr sofort losgefahren."
Ostermeier fuhr ohne Antwort des Trainers los
Bis dahin habe Essens Coach Markus Högner nicht geantwortet, "ob das nun in Ordnung gehe oder nicht. Ich habe mich aber dafür entschieden, weil ich helfen wollte", berichtet Ostermeier und ergänzt: "Der Trainer hat sich später gemeldet und mir gesagt, dass die Entscheidung absolut richtig gewesen sei." Und anstatt auf dem Trainingsplatz zu sein, stand Ostermeier nun also im Ahrtal und sah fast gänzlich zerstörte Orte. Wenn sie davon erzählt, kommen ihr zuerst die Brücken, Häuser und Autos in den Sinn, die völlig entstellt waren oder vom Wasser weggetrieben wurden.
"Viele Menschen haben damals alles verloren", ihr Hab und Gut oder gar ihr Leben, rekapituliert Ostermeier, erinnert sich allerdings ebenso an die massive Bereitschaft, den Betroffenen vor Ort unter die Arme zu greifen. "Es wurden Menschenketten gebildet, um Häuser zu entrümpeln. Leute haben Essen und Trinken zur Verfügung gestellt", so Ostermeier. "Sie waren solidarisch, wie ich es vorher nie erlebt hatte." Ostermeier selbst half dabei, eine Schule leer zu pumpen, Straßen zu sperren und umgekippte Bäume zu zersägen.
"Alles, was gerade nötig war", habe sie mit der freiwilligen Feuerwehr erledigt, sagt sie - und erzählt: "Ich bin mit der Feuerwehr aufgewachsen. Mein Opa war in der freiwilligen Feuerwehr, mein Vater ist es noch. Als Kind bin ich ab und an mitgegangen. Und als ich mit zehn Jahren in die Jugendfeuerwehr eintreten konnte, hatte ich schon die Tage gezählt." Zusammenhalt, Spaß - all dies schreibt die aus Schwerte stammende Ostermeier dieser Arbeit zu. Und kann sich gut vorstellen, in die Berufsfeuerwehr einzutreten.
Die Abwägung indes dauert an. "Würde ich dort anfangen, wäre es nicht mehr möglich, in der Bundesliga zu spielen. Darum überlege ich noch. Alle, die mal Fußball gespielt haben, wissen, wie schön es ist, in einem Team zu spielen - zumal auf diesem Niveau. Das schmeißt man nicht einfach weg. Allerdings", und das ist die andere Seite dieser komplexen Frage, "könnte ich den Übergang in den Beruf verpassen." Auf Dauer kann und will Ostermeier, die 2013 für die SGS debütierte und im Abwehrbereich längst zur festen Größe geworden ist, schließlich nicht im Fußballsport bleiben.
"Beste Zeit" mit Hegering
Das Geld ist in der Elite-Liga der Frauen nach wie vor knapp, darüber hinaus hat Ostermeier weitere Ziele. Erst der Doktortitel in Chemie. Dann einen Platz in der Berufsfeuerwehr? Vor ihrem sportlichen Karriereende will sie mit der SGS zunächst den Klassenerhalt schaffen. Zudem sind die Essenerinnen noch im DFB-Pokal vertreten und Ostermeier würde gern noch mal ins Finale kommen. "Zweimal waren wir dort", sagt sie, "zweimal war es ein tolles Erlebnis." Auch ohne Pokalsieg.
Letztmals stand die SGS 2020 im Finale und unterlag dem VfL Wolfsburg im Elfmeterschießen. Neben Ostermeier damals in der Startelf: Lea Schüller, Lena Oberdorf und Marina Hegering, die allesamt 2022 Vize-Europameisterinnen wurden und bei Ausbildungsklub Essen in die Lehre gingen. Vor allem Hegering blieb Ostermeier in Erinnerung: Sie allein könne mit ihrer Souveränität in der Defensive und ihrer Klasse in der Spieleröffnung und im Offensivkopfball "Spiele entscheiden. Als ich neben ihr in der Kette gespielt habe - sie innen, ich außen -, war das die beste Zeit. Und manchmal vermisse ich es auch."
Leon Elspaß
Quelle
Ich glaub ich bin eine Signatur
Denken ist die schwerste Aufgabe ...deshalb befassen sich so wenige damit!
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