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Soccerdonna Legenden des Frauenfußballs

#11
11.12.2025 - 12:50 Uhr | News | Quelle: sd | von: Emilie Bitsch
Türchen Nummer 11: Caroline Seger – Die Architektin des schwedischen Spiels
[Bild: s_1759_206_2012_2.jpg]
©IMAGO
Als der Schlusspfiff ertönt, steht Caroline Seger einen Moment lang reglos da. Das Stadion in Göteborg erhebt sich, Tausende klatschen im Takt. Seger wischt sich über die Augen, hebt kurz die Hand und lächelt dieses leise Lächeln, das ihre ganze Laufbahn begleitet hat: nicht triumphierend, nicht pathetisch, sondern von einer ruhigen Dankbarkeit getragen. Es ist ihr letztes Spiel im gelben Trikot. Ein Abschied, der sich anfühlt, als würde ein ganzes Kapitel des europäischen Frauenfußballs zu Ende gehen.

Vom Mädchen aus Helsingborg zur Führungsspielerin


Geboren in Helsingborg, wuchs Seger in einer Region auf, in der Fußball mehr war als nur ein Sport. Schon früh bewegte sie sich wie selbstverständlich auf dem Platz, mit einer Ruhe, die nicht zu ihrem Alter passte. Während viele andere sich noch suchten, wusste Seger, was sie wollte: Spiele gestalten, Spiele lesen, Spiele kontrollieren. Schon früh erkannte man ihr Talent: Sie wurde zur besten schwedischen Nachwuchsspielerin ausgezeichnet. Ihr erster Profiverein, Stattena IF, erkannte schnell, dass hier jemand auf dem Platz stand, der später einmal die Linien des Spiels bestimmen würde. Nicht durch Dribblings oder Spektakel, sondern durch Struktur.

Es folgte der Schritt zu Linköpings FC, der ihr endgültig den Weg in die Spitze ebnete. Dort reifte sie zur zentralen Figur, zur Verbindungsstelle zwischen Abwehr und Angriff. 2009 gewann sie mit dem Klub ihre erste schwedische Meisterschaft. Ein Moment, der ihren Status im schwedischen Fußball verankerte: Seger, die Taktgeberin. Seger, die Verlässliche.

Der Sprung in die Welt – USA, Paris, Lyon

Doch Seger wollte mehr als nur nationale Dominanz. Sie suchte die Herausforderung, die Intensität und die internationalen Reize. Der Wechsel in die USA zu Western New York Flash war mutig: physischer Fußball, hohes Tempo, komplett neue Umgebung. Doch genau dort wuchs sie weiter. In ihrem Jahr bei New York holte sich die zentrale Mittelfeldspielerin den nächsten Titel, den der WSP. Dieser Titel zeigte, dass sie auch außerhalb Europas dominieren konnte.

Ihre Zeit bei Paris Saint-Germain verlieh ihrer Karriere noch einmal eine neue Tiefe. Paris brauchte Führung, Stabilität, jemanden, der der Mannschaft Struktur gab, und fand all das in ihr. Danach kam der Wechsel zu Olympique Lyonnais (heute: OL Lyonnes), dem erfolgreichsten Frauenklub der Welt. 2017 gewann sie mit Lyon die Champions League, wurde aber im Finale gegen ihren Ex-Klub PSG nicht eingesetzt. Zuvor trug sie jedoch viel dazu bei, ins Finale zu kommen. Die Champions-League-Saison war ein Höhepunkt ihrer internationalen Laufbahn und ein weiterer Beweis dafür, wie anpassungsfähig und konstant sie auf höchstem Niveau spielte.

Nach ihren Jahren im Ausland kehrte sie nach Schweden zurück, zum FC Rosengård. Sie tat das, was sie immer tat: das Spiel ordnen, das Tempo bestimmen und jüngere Spielerinnen führen. Auch dort gewann sie die schwedische Meisterschaft, aber nicht nur einmal: Ganze viermal durfte sie die Trophäe am Ende der Saison hochheben. Seger ist somit die einzige Spielerin, die bei vier verschiedenen schwedischen Teams die Meisterschaft holte.

Am 09. November 2024 verabschiedete sie sich endgültig von der Fußballkarriere. Beim 3:0 gegen Djurgårdens IF DFF spielte sie gemeinsam mit der deutschen Nationalspielerin Rebecca Knaak 90 Minuten durch und wurde anschließend gebührend gefeiert.

Die Konstante im Nationalteam

Mit 20 Jahren debütierte sie im Nationalteam und blieb fast zwei Jahrzehnte lang eine unverzichtbare Figur. 240 Länderspiele, mehrere Welt- und Europameisterschaften, olympische Medaillen. Kaum eine Spielerin prägte die schwedische Nationalmannschaft stärker und länger.

Seger war keine Kapitänin, die vorneweg schrie. Sie war eine, die man ansah, um Ruhe zu finden. Eine, die Räume öffnete, bevor andere sie überhaupt sahen. Ihre Stärke war nicht der große Auftritt, sondern das Gleichgewicht. Und kein Team braucht etwas so sehr wie das.

In ihren 18 Jahren im gelben Trikot wurde sie dreimal WM-Dritte, gewann zweimal die Silbermedaille bei den Olympischen Spielen und wurde in die beste Mannschaft der WM 2011 berufen. Mit ihren 240 Spielen ist sie nun die zweitbeste europäische Rekordnationalspielerin, nach Sherida Spitse (248 Spiele), die nun vor Kurzem ebenfalls ihre internationale Karriere beendete.

Vermächtnis einer stillen Ikone

Segers Einfluss lässt sich nicht allein in Zahlen festhalten. Sie war eine der ersten schwedischen Spielerinnen, die offen über Professionalität, mentale Belastung und Gleichberechtigung im Sport sprach. Durch ihre Beständigkeit zeigte sie, wie wichtig langfristige Struktur im Frauenfußball ist. Sie prägte eine Generation, die nach ihr kam: nicht durch große Reden, sondern durch tägliche Arbeit.

2022 eröffnete sie gemeinsam mit dem FC Rosengård einen „Fonds“, der sich um Kinder kümmerte, die kein Geld hatten, um Fußball zu spielen. Laut einer Sifo-Umfrage des FCR können rund 100 000 schwedische Kinder Vereinssport nicht ausüben, da sie finanziell nicht in der Lage sind. Mit dieser Stiftung schenken Seger und der FCR den Kindern die Möglichkeit, ihrer Leidenschaft nachzugehen. Auch Seger berührte diese Entscheidung: „Ich bin stolz darauf, dass der FC Rosengård in meinem Namen einen Fonds eingerichtet hat, der es mehr Kindern in unserem Verband ermöglichen kann, Fußball zu spielen und an ihre Träume zu glauben.“

Ihre Karriere ist ein Symbol dafür, wie weit man kommen kann, wenn man Geduld mitbringt und sich nicht aus der Ruhe bringen lässt. Nicht jede Legende ist laut. Manche schreiben Geschichte im Flüsterton.

Ein Abschied mit leiser Größe

Als Caroline Seger ihr letztes Nationalspiel verlässt, legt sie erneut die Hand aufs Herz. Die Fans danken ihr, die Mitspielerinnen umarmen sie, Trainerinnen verneigen sich fast. Und Seger? Sie wirkt, als würde sie all das nicht für selbstverständlich halten. Interessant ist auch, was „Seger“ im Schwedischen heißt: nämlich „Sieger“. Die heute 40-Jährige mochte es nie, sich wirklich feiern zu lassen als Siegerin, aber sie war eine, die den Frauenfußball in Schweden nachhaltig stark geprägt hat.

Ihre Karriere endet nicht mit einem großen Knall, sondern mit einem Gefühl von Vollständigkeit. Ein Kapitel schließt sich. Ein Vermächtnis bleibt.

Caroline Seger – die Architektin, die ein Spiel ordnete und eine Ära prägte.

Quelle 
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#12
12.12.2025 - 11:30 Uhr | News | Quelle: sd | von: Emilie Bitsch
Türchen Nummer 12: Lotta Schelin – Zwischen Stärke und Zerbrechlichkeit
[Bild: s_1680_206_2012_2.jpg]
©fcrosengard.se
Es ist ein warmer Spätsommertag im August 2018, als Lotta Schelin  vor die Presse tritt. Die sonst so lockere, lächelnde Stürmerin wirkt einen Moment lang ungewohnt ernst. Ihre Hände liegen gefaltet auf dem Tisch, die Augen wandern über die Köpfe der Journalist:innen im Raum. Dann sagt sie den Satz, den niemand hören wollte: „Mein Körper lässt es nicht mehr zu.“ Eine Nackenverletzung, die sie seit 2017 begleitet, hat chronische Kopfschmerzen verursacht. Es ist der Moment, in dem eine der größten Stürmerinnen Europas ihre Karriere beendet. Ein leiser Abschied für eine Spielerin, die auf dem Platz oft für das genaue Gegenteil stand: Tempo, Präsenz, Torgefahr. Doch dieser Moment zeigt, was sie immer ausgemacht hat: Ehrlichkeit, Stärke und ein tiefes Bewusstsein für ihren Weg.


Die Anfänge eines Naturtalents

Lotta Schelin wächst in Trångsund, südlich von Stockholm, auf – ein ruhiger Ort, der den Grundstein für eine Karriere legt, die später in den großen Fußballmetropolen gefeiert wird. Schelin beginnt früh, sich für Sport zu begeistern, probiert viel aus, landet aber immer wieder beim Fußball. Schon im Jugendbereich fällt sie auf: lang, schnell, athletisch, mit einer Dynamik, die selten ist. Bei Mölnlycke IF wird schnell klar, dass sie ein Talent besitzt, das weit über den lokalen Fußball hinausgeht.

Mit 17 Jahren debütiert sie in der Damallsvenskan für den Kopparbergs/Göteborg FC. Die Liga ist damals stark, aber strukturell weit entfernt von dem professionellen Umfeld, das Spielerinnen heute vorfinden. Trotzdem setzt Schelin sich durch. Ihr Spiel ist direkt, zielstrebig, fast instinktiv. Sie wirkt nie „gemacht“, sondern natürlich, als hätte sie das Toreschießen einfach im Gefühl. Nach einigen Jahren in Göteborg, in denen sie sich zur gefährlichsten Angreiferin der Liga entwickelt, klopft der internationale Fußball an.

Der große Schritt: Olympique Lyon und die Ära der Titel

Als Schelin 2008 zu Olympique Lyonnais wechselt, ist der französische Klub gerade dabei, zur globalen Spitzenadresse des Frauenfußballs zu werden. Der Schritt ist groß: neuer Verein, neue Kultur, höherer Leistungsdruck. Doch für Schelin ist es der perfekte Moment. In Lyon wächst sie über sich hinaus und entwickelt sich endgültig zu einer der besten Stürmerinnen Europas.

Die Kombination aus Schnelligkeit und ihrem außergewöhnlichen Timing macht sie nahezu unberechenbar. In Frankreich spielt sie nicht nur mit internationalen Topspielerinnen zusammen, sie wird selbst zu einer. Sie gewinnt acht Meistertitel, fünf Pokale und vor allem drei Champions-League-Trophäen. Schelin ist nicht die Spielerin, die jede Szene laut feiert, aber sie ist diejenige, die Lyon immer wieder in entscheidenden Momenten rettet. Und das lässt sich auch in Zahlen bestätigen: In 150 Spielen erzielte die heute 41-Jährige 140 Tore – nahezu ein Tor pro Spiel.

Es sind diese Jahre, die ihren Namen weltweit bekannt machen. Und es ist die Zeit, die viele junge Spielerinnen dazu bewegt, ihren Weg ins Ausland zu suchen. Denn Schelin hat gezeigt, dass eine Schwedin nicht nur mithalten, sondern dominieren kann.

Eine Konstante im Nationalteam

Lotta Schelin trägt das schwedische Trikot dreizehn Jahre lang und wird eine der wichtigsten Figuren der Nationalmannschaft. 185 Länderspiele, 88 Tore – Rekordwerte, die ihre Bedeutung unterstreichen. In einem Team, das oft zwischen Euphorie und Druck schwankt, ist sie ein Ruhepol. Keine, die sich in den Vordergrund drängt, aber eine, die Verantwortung übernimmt, wenn es darauf ankommt. Beim Amtsantritt von Pia Sundhage übernahm sie gemeinsam mit Caroline Seger  die Kapitäninrolle.

Bei der WM 2011 führt sie Schweden mit ihren Treffern zu Bronze. Es ist ein Turnier, in dem sie endgültig in die Weltklasse aufsteigt. 2016 folgt der nächste große Moment: das olympische Finale von Rio. Schweden verliert zwar gegen Deutschland, doch die Silbermedaille bleibt ein Meilenstein. Auch, weil Schelin trotz körperlicher Probleme bis zum Schluss kämpft.

Ihr Spielstil ist simpel zu beschrieben, aber schwer zu verteidigen: Sie besitzt ein außergewöhnliches Gefühl für Räume, einen enorm schnellen ersten Schritt und einen Abschluss, der in seiner Klarheit kaum zu überbieten ist. Schelin braucht oft nur einen Kontakt, um ein Spiel zu verändern.

Der Kampf gegen den eigenen Körper

Dass die Karriere einer Spielerin wie Schelin aus medizinischen Gründen enden muss, wirkt fast ungerecht. 2017 erleidet sie eine schwere Nackenverletzung, die zunächst harmlos wirkt, sich aber als weitreichender entpuppt. Es folgen Kopfschmerzen, Schwindel, Probleme bei Kopfbewegungen. Für eine Profisportlerin kaum zu überstehen. Sie kämpft, versucht zurückzukommen, bleibt geduldig. Doch irgendwann merkt sie: Ihr Körper entscheidet.

Der Rücktritt 2018 ist die logische, aber harte Konsequenz. Auf der Pressekonferenz wirkt sie nicht gebrochen, sondern klar. Sie weiß, dass ihr Vermächtnis bleibt, auch ohne weitere Tore. Und vielleicht hat sie gerade durch diesen verletzungsbedingten Abschied vielen Spielerinnen gezeigt, wie wichtig es ist, auf den eigenen Körper zu hören.

Nach der Karriere: Einfluss ohne Trikot

Lotta Schelin bleibt auch nach dem Karriereende eine wichtige Figur im Fußball. Sie engagiert sich in Schweden für Nachwuchsarbeit, wird Botschafterin für die UEFA Playmakers-Initiative, die Mädchen spielerisch den Weg in den Fußball ermöglicht. Sie spricht offen über mental health, über Verletzungen und über die Bedeutung fairer Strukturen im Frauensport.

Heute sieht sie dem Spiel nicht mehr vom Spielfeld aus zu, sondern mit dem Blick einer Mentorin. Und obwohl sie nicht mehr selbst trifft, trifft sie weiterhin Entscheidungen, die die Zukunft prägen.

Eine Stürmerin, die Generationen beeinflusste

Was Lotta Schelin so besonders macht, ist nicht nur ihre Statistik. Es ist die Art, wie sie sie erreicht hat: unaufgeregt, fokussiert, menschlich. Sie war nie eine Spielerin der großen Worte, sondern der klaren Momente. Tore, die ein Spiel veränderten. Laufwege, die den Unterschied machten. Präsenz, die Sicherheit gab.

Sie hat den Weg für schwedische Spielerinnen geebnet, hat Lyon mitgeprägt und internationale Maßstäbe gesetzt. Und sie hat gezeigt, dass Größe nicht laut sein muss. Manchmal reicht es, einfach konsequent den eigenen Weg zu gehen.

Lotta Schelin war eine Stürmerin, die den europäischen Fußball über Jahre definierte. Und sie bleibt eine Legende, deren Karriere vielleicht leiser endete, deren Wirkung aber bis heute weit über die Tore hinaus klingt.

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#13
13.12.2025 - 12:30 Uhr | News | Quelle: FIFA | von: lb
Türchen Nummer 13: Marta – Die Königin des Joga Bonito
[Bild: s_1181_6081_2012_4.jpg]
©Orlando Pride
Im Finale der Copa América Femenina 2025 hätte ihre Geschichte ein kitschiges Ende finden können. Stattdessen bekam Marta  etwas Größeres: einen Moment, der zeigt, warum sie seit zwei Jahrzehnten den Frauenfußball prägt. Als vielleicht beste Spielerin aller Zeiten und als Verkörperung eines ganzen Lebensgefühls.

The Last Dance

Quito, Finale der Copa América Femenina 2025. Es steht 3:3, das Elfmeterschießen beginnt. Marta, 39 Jahre alt, vor einem Jahr fast zurückgetreten aus der Seleção, steht wieder auf dem Platz im Mittelpunkt. Zwei Tore hatte sie Brasilien in letzter Sekunde geschenkt: den wuchtigen Schlenzer in der 90.+6. Minute und die feine Ballberührung in der Verlängerung. Zwei Momente voller Eleganz, Trotz oder schlicht: Marta.


Nun könnte dies ihr Hollywood-Abschied werden: ein letzter Treffer, ein letzter Titel. Sie, die in Brasilien oft „A Rainha“ (die Königin) genannt wird tritt erneut an. Ein letzter Penalty für die „Samba Queens“. Ein Moment für Legenden.

Die Kunst, zu spielen wie niemand sonst

Um ihn zu verstehen, muss man zurückgehen. Denn Marta Vieira da Silva war nie einfach eine Stürmerin. Sie war der Inbegriff von Joga Bonito im Frauenfußball: Leichtigkeit, Rhythmus, Kreativität und Widerstandskraft. Während Ronaldinho, Kaká oder Ronaldo dieses Ideal vor Millionen zelebrierten, musste Marta denselben Mythos fast im Alleingang gegen ein System verteidigen, dass Frauen jahrzehntelang ignoriert hatte.

In der Kleinstadt Dois Riachos, auf roten Staubplätzen, wuchs sie in einer Welt auf, in der Talent allein nicht genügte. Vor allem nicht für Mädchen. Sie trainierte mit Jungen, weil es keine Teams für Mädchen gab, und gab mit 14 Jahren ihr Profidebüt in einer Liga ohne Strukturen, ohne Geld, ohne Beachtung.

Dass sie trotzdem durchbrach, war ihr Wille. Dass sie zur besten Spielerin der Welt wurde, ihr Versprechen an die Nächsten. Für Marta war Schönheit nie Zierde. Schönheit war Arbeit. Oder wie Brasiliens Nationaltrainer Arthur Elias es während der Copa América Femenina sagte: „Sie inspiriert uns alle, nicht nur wegen vergangener Leistungen, sondern auch wegen dem, was sie immer noch leistet.“

Aus Vasco in die Welt

Bei Vasco da Gama, der ersten ihrer elf Profistationen, fiel sie sofort auf. Sissi, brasilianische Ikone, spielte zum Abschluss ihrer Karriere zeitgleich mit ihr. Von der 14-Jährigen schwärmte sie gegenüber CNN: „Sie war so gut am Ball. Es war, als würde sie vor dem Tor auf die Verteidigerin warten, nur um dann etwas völlig anderes zu machen.“ Die Verteidigerinnen stellten sich bald nur noch eine Frage: „Wie sollen wir dieses Mädchen stoppen?“

Die Antwort führte über drei Kontinente. Der große Sprung folgte 2004 mit dem Wechsel nach Schweden zu Umeå IK. Dort, in einer Liga mit professionellen Strukturen, explodierte sie. UEFA-Cup-Sieg, Torschützenkronen, fünfmal Weltfußballerin.

Zwischen 2009 und 2013 prägte sie die WPS in den USA so sehr, dass sie dreimal beste Torschützin wurde. Einer von vielen Rekorden, der bis heute unerreicht bleibt. Seit 2017 ist sie das Gesicht von Orlando Pride, erst als Stürmerin, später als spielmachende Neun mit weniger Tempo aber genauso viel Wucht und Übersicht. Und immer begleitet von derselben Frage: Wie stoppt man sie?

Zwischen Triumph und Widerspruch

Sechsmal Weltfußballerin. 17 WM-Tore – mehr als jede Spielerin oder jeder Spieler. Neun Copa-América-Titel. Europäische Erfolge, US-Titel, Rekorde. Zahlen, die jede GOAT-Debatte nähren. Und doch: Martas Karriere lebte immer auch vom Widerstand. Während Mia Hamm den Markt formte und Megan Rapinoe politisierte, verteidigte Marta etwas anderes: die Idee, dass Schönheit am Ball ein Recht sein kann.

Gegenüber CNN führte Sissi ebenso aus, dass Martas „Stärke, ihre Meinung zu sagen“, entscheidend dafür war, dass der Frauenfußball in Brasilien heute diese Struktur hat. „Dafür kämpft sie bis heute“, so die Torschützenkönigin der WM 1999.

Marta vertrat eine Haltung, die regelmäßig mit dem brasilianischen Verband kollidierte: Unterfinanzierung, Ignoranz und schlechte Strukturen. Sie schwieg nicht. Besonders nach dem WM-Aus im Jahr 2019 appellierte sie in Richtung Kamera an die nächste Generation: „Der Frauenfußball hängt von euch ab. Denkt darüber nach, schätzt ihn mehr. Weint am Anfang, um am Ende zu lächeln.“ Ein Manifest für eine Generation, die mehr verdient hat.

Weitergabe des Feuers

Zurück im Finale. Zurück zum Elfmeter. Marta holt Luft, läuft an und schießt in die Arme der Torhüterin. Kein Hollywood-Abschied, kein perfekter Kreis. Es ist die Wahrheit des des Spiels: Auch die Größte kann scheitern. Sie, der nur WM- und Olympia-Silber blieben.

Doch als auch Kolumbiens Carabalí verfehlt und die 22-jährige Luany den letzten Elfmeter verwandelt, sprintet Marta als eine der Ersten zu ihr. Erschöpft, lächelnd, wissend. Zwischen ihnen liegen 17 Jahre und die Übergabe eines Feuers.

Martas internationale Karriere endet nicht mit einem perfekten Abschlussbild, sondern mit einem Weiterreichen. Sie hat gezeigt, wie weit man mit Schönheit und Beharrlichkeit kommt. Viele werden ihr folgen, weil sie nie aufgehört hat, für dieses Spiel zu kämpfen. 

Quelle 
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#14
14.12.2025 - 13:00 Uhr | News | Quelle: sd | von: Emilie Bitsch
Türchen Nummer 14: Dzsenifer Marozsán – Die, die Räume schuf
[Bild: s_1177_247_2012_2.jpg]
©Saskia Nafe Photography
Der Ball rollt langsam auf sie zu, irgendwo im Mittelfeld. Keine Gegenspielerin sprintet hektisch heraus, kein Publikum hält den Atem an – noch nicht. Dzsenifer Marozsán nimmt den Ball mit dem ersten Kontakt an, hebt kurz den Kopf, sieht mehr als die anderen. Ein Pass, flach und präzise, öffnet den Raum, den es Sekunden zuvor scheinbar nicht gab. Es ist keine Szene, die sofort Schlagzeilen produziert. Aber es ist eine, die Spiele entscheidet. Genau darin lag über Jahre ihre größte Stärke: Marozsán war nie das Spektakel, sie war die Struktur.

Ein Talent, das zu früh erwachsen wurde


Dzsenifer Marozsán wird 1992 in Budapest geboren, wächst jedoch in Saarbrücken auf. Fußball begleitet sie von klein auf, auch, weil ihr Vater selbst Fußballer war und in der ungarischen Nationalmannschaft spielte. Schon früh spielt sie in Jungenmannschaften, weil ihr Talent nach höherem Niveau verlangt. Mit gerade einmal 15 Jahren debütiert sie für den 1. FC Saarbrücken in der Bundesliga. Sie ist damit nicht nur die jüngste Spielerin der Ligageschichte, sondern auch die jüngste Torschützin. Ein Rekord, der weniger von Sensationslust erzählt als von einer außergewöhnlichen Selbstverständlichkeit am Ball.

Während andere Talente Zeit brauchen, um sich an das Tempo zu gewöhnen, wirkt Marozsán von Beginn an angekommen. Ihre Technik ist sauber, ihr Spielverständnis außergewöhnlich. Sie sucht nicht den direkten Weg zum Tor, sondern den richtigen. Schon früh zeigt sich: Diese Spielerin denkt Fußball voraus.

Auch bereits in den U-Nationalmannschaften machte sie auf sich aufmerksam. Einen Meilenstein holte sie sich dabei: In der U17 erzielte sie in 21 Spielen 21 Tore. Sie ist somit nicht nur eine starke Mittelfeldstrategin, sondern strahlt offensiv Torgefahr aus.

Frankfurt: der Ort des Erwachsenwerdens

2009 wechselt Marozsán zum 1. FFC Frankfurt, damals eines der Zentren des europäischen Frauenfußballs. Hier wird aus dem Wunderkind eine Führungsspielerin. Frankfurt verlangt mehr: taktisch, physisch, mental. Und Marozsán wächst mit diesen Anforderungen. Sie wird zur zentralen Figur im Mittelfeld, lenkt das Spiel, verteilt Bälle, bestimmt das Tempo.

Der Höhepunkt dieser Zeit folgt 2015 mit dem Gewinn der UEFA Women’s Champions League. Im Finale gegen Paris Saint-Germain ist sie es, die mit Übersicht und Ruhe das Spiel prägt. Frankfurt gewinnt, Marozsán steht sinnbildlich für eine Generation deutscher Fußballerinnen, die Technik und Disziplin miteinander verbindet. In ihren fünf Jahren beim FFC erzielte sie in 173 Spielen 56 Tore und legte 52 vor.

Lyon: Perfektion auf höchstem Niveau

2016 folgt der Schritt zu Olympique Lyonnais. Es ist der Wechsel zu dem Klub, der den europäischen Frauenfußball in den kommenden Jahren dominieren wird. Und Marozsán wird ein zentraler Teil dieser Dominanz. In Lyon ist sie nicht die Lauteste, nicht die Auffälligste, aber oft die Wichtigste. Sie wechselte, wie sie selbst sagte, zum “weltbesten Verein mit den besten Spielerinnen der Welt” und das zeigte sich auch: Fünf Champions-League-Titel, zahlreiche Meisterschaften und Pokalsiege prägen ihre Zeit in Frankreich.

In einem Team voller Weltklassespielerinnen übernimmt Marozsán die Rolle der Architektin. Sie verbindet Defensive und Offensive, gibt dem Spiel Struktur, liest Situationen, bevor sie entstehen. Mehrfach wird sie zur besten Mittelfeldspielerin Europas gewählt. Auszeichnungen, die ihre Bedeutung unterstreichen, ohne ihr Wesen zu verändern.

Einen kurzen Ausflug machte die heute 33-Jährige gemeinsam mit ihren Mannschaftskolleginnen Sarah Bouhaddi und Eugénie Le Sommer in die USA. Bei Seattle Reign FC sollte sie per Leihe weitere Erfahrung sammeln, doch nach einem halben Jahr kehrte sie zurück.

Die Nationalmannschaft und der große Triumph

Auch im Trikot der deutschen Nationalmannschaft ist Marozsán über Jahre hinweg eine feste Größe. 13 Jahre, 112 Länderspiele, 33 Tore – Zahlen, die ihre Konstanz belegen. Bei der Europameisterschaft 2013 in Schweden trug sie wie immer einen großen Teil dazu bei. Sie erzielte im Halbfinale gegen die Gastgeberinnen sowie im Finale gegen Norwegen das wichtige Siegtor und holte sich somit den Titel. 2016 erreicht sie mit Deutschland den zweiten sportlichen Höhepunkt: Olympisches Gold in Rio.

Gerade dieses Turnier zeigt, wofür Marozsán steht. Sie ist keine Spielerin der großen Gesten, sondern der entscheidenden Momente. Ein Pass, ein Laufweg, ein Tempowechsel. Oft unscheinbar, aber spielentscheidend. In einem Team voller Charaktere bleibt sie sich treu: ruhig, konzentriert, kontrolliert.

Sie führte das DFB-Team außerdem für drei Jahre an.

Verletzungen und das Ende eines Kapitels

Doch auch ihre Karriere bleibt nicht von Rückschlägen verschont. Knieverletzungen begleiten sie in den letzten Jahren immer wieder und kosten sie Rhythmus und Leichtigkeit. 2023 zieht Marozsán einen Schlussstrich unter ihre internationale Karriere. Es ist kein lauter Abschied, kein großes Inszenieren. Es ist eine Entscheidung, die zu ihr passt: reflektiert, ehrlich, konsequent.

Sie verabschiedet sich als eine der prägendsten Mittelfeldspielerinnen ihrer Generation. Nicht nur wegen ihrer Titel, sondern wegen der Art, wie sie Fußball verstanden hat.

Heute steht Marozsán bei Al-Qadsiah, in der saudi-arabischen Liga unter Vertrag.

Ein Vermächtnis jenseits der Zahlen

Dzsenifer Marozsán hat den Frauenfußball nicht revolutioniert, indem sie laut war. Sie tat es, indem sie Maßstäbe setzte: technisch, taktisch, spielerisch. Sie zeigte, dass Kreativität und Kontrolle kein Widerspruch sind. Dass Führung auch leise funktionieren kann.

Ihr Einfluss ist besonders bei jenen sichtbar, die heute auf ihrer Position spielen. Spielerinnen, die den Raum lesen, das Spiel lenken, Verantwortung übernehmen, ohne im Mittelpunkt stehen zu müssen. Marozsán war nie die Spielerin, die Aufmerksamkeit suchte. Aber sie war immer die, die sie verdiente.

Dzsenifer Marozsán bleibt eine Fußballerin, die das Spiel verstand wie wenige andere. Eine Architektin, deren Werk nicht in einzelnen Momenten besteht, sondern in der Summe ihrer Entscheidungen. Und genau darin liegt ihre Größe. 

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