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Soziale Unterschiede in Deutschland! - Druckversion

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RE: Soziale Unterschiede in Deutschland! - Reiner - 27.02.2014

Dem letzten Beitrag von Presi stimme ich zu 100% zu.


RE: Soziale Unterschiede in Deutschland! - Presi - 27.02.2014

Moin talisker. Kennst du die entwürdigenden Anträge, wenn ein Kind von Hartz IV-Empfängern einen Schulausflug mitmachen soll und die Eltern das Geld nicht haben? Kan ein Kind in diesem Umfeld wirklich optimal gefördert werden, wenn die Eltern nicht wissen, wovon sie den Strom bezahlen sollen? Sind nicht die Eltern der Kinder oft selbst eher mit einem niedrigen Bildungsstand? Werden die Kinder durch die finanzielle Not nicht dazu getrieben, möglichst schnell selbst Geld zu verdienen? Hinzu kommen die Probleme der Kinder in der Schule, weil sie mit den Möglichkeiten der anderen Kinder nicht mithalten können (heutzutage Klamotten, Handy, PC...). Und bei Schwierigkeiten in der Schule: Wer bezahlt die Nachhilfe? Niemand. Fleißig sein und sich konzentrieren reicht nicht. Das ist mir etwas dünn, mein Lieber!


RE: Soziale Unterschiede in Deutschland! - talisker - 28.02.2014

Presi: Dieses Lagerdenken geht mir auf den Keks. Ich bin Akademiker und damit in diesem Forum glaube ich nicht alleine. Weder ich noch sonst jemand hier hält sich für etwas besseres, sonst wäre er hier wohl nicht zum Forum eingeladen worden. Die alten Kämpen Klaus, Rainer und Blindenhund haben da glaube ich einen guten Riecher.
Ich bin dazu erzogen, Eigenverantwortung zu übernehmen und andere zu respektieren. Mit diesen Grundsätzen kann man schon recht gut zurechtkommen. Dann achtet man sowohl die Supermarktkassiererein, die für die Kinder dazuverdienen muß, die (neudeutsch) Raumpflegerin aus Rumänien, die für ihre Familie den Lebensunterhalt verdient, den Handwerker, der solide arbeitet, den Chef, der 20 Leute und die Finanzen managen muß und den Arzt, der sich keinen Fehler erlauben darf und manchmal (dank des kassensystems) Patienten ohne Bezahlung behandelt. Oder den Top-Manager, der mit einer 100-Stunden-Woche einen Konzern leitet. Oder die Familienmutter, die es schafft, ihren 6 Kindern Lebensfreude und Selbstbewußtsein mitzugeben. Oder einen Arbeitslosen, der sich ehrenamtlich engagiert. Und wenn man selbst seinen Job vernünftig macht und respektvoll mit den Menschen umgeht, wird man auch geachtet.
Keinen Respekt habe ich vor denen, die Kette rauchend vor dem Fernseher sitzen und sich über die Ungerechtigkeit des Staates beschweren.
Wir haben in der Republik nicht nur Hartz-IV-Empfänger und Akademiker. Wenn ich mich recht erinnere, gab es in meiner Klasse auf dem Gymnasium exakt 0 Akademikerkinder. Alle haben Abitur gemacht, nicht alle haben studiert. Ob diejenigen, die studiert haben, später glücklicher oder "erfolgreicher" waren als die Nicht-Akademiker oder gar als die Realschul-Absolventen, vermag ich nicht zu sagen. Und bei vielen Ausflügen waren nicht alle dabei, weil manche Eltern das Geld nicht aufbringen konnten. Den Staat beschuldigt hat aber keiner.
Wie kommst Du dazu, eine solche Anspruchshaltung zu generieren? Es kann nicht jeder immer überall mithalten. Es hat immer jemand ein schöneres Auto, einen größeren Fernseher, ein schöneres Handy. Und als Arbeitsloser bin ich davon weiter entfernt als andere. Und sicher gibt es - regional verschieden - viele Arbeitslose, die unverdient, unerwartet und unvorbereitet in HartzIV gerutscht sind. Deren Kinder anderen gegenüber benachteiligt sind. Nur: Ob diese Kinder eine Chance haben, liegt in diesem Fall in erster Linie an der Führungskraft der Eltern und nicht am Staat. Akademikerkinder können schulisch stranden und Bauernsöhne Mathe-Professoren werden. Habe ich beides erlebt. Hauptschüler können eine Lehre machen, ein FH-Studium anschließen und über Umwege eine leitende Position erlangen, in der sie Projekte leiten und Arbeiten an Uni-Absolventen delegieren. Ist ein Nachbar von uns. Handwerker können mit 40 das Haus abbezahlt haben.
Wie gesagt, mir geht dieses Lager-Denken auf den Geist. Es hat nicht jeder die gleichen Voraussetzungen und Fähigkeiten. Wichtig ist, was man aus seinen Möglichkeiten macht. Und da sind vor allem die Eltern gefragt, aus den Kindern die Fähigkeiten herauszukitzeln.
Und erklär mir bitte auch mal, wieso Du offenbar eine Lehre nicht als angemessene Bildung ansiehst?


RE: Soziale Unterschiede in Deutschland! - Rainer - 28.02.2014

Autsch, das war wie man so sagt eine Flammende Rede!!! Aber Du hast Recht und es trifft im Grunde das warum ich dieses Thema aufgemacht habe. Aber ganz Unrecht hat da auch der Presi nicht! Das Problem ist wirklich das auf Grund unterschiedlicher Voraussetzungen z.B. Im Elternhaus auch unterschiedliche Bildungswege für sehr viele Kinder und Jugendliche aufgezeigt sind!!!


RE: Soziale Unterschiede in Deutschland! - Reiner - 28.02.2014

Chancengleichheit gibt es nicht mehr in Deutschland. Besonderst unter den Kindern. Kinder sind bei weitem Grausamer als Erwachsene. Es sind nicht selten die Kinder von der sogenannten "Besseren Gesellschaft" die Kinder aus unteren Schichten Niedermachen. Auch diese Pauschalisierung von Hartz4 Empfänger ist eine Diskriminierung. Wenn beide Elternteile arbeiten und noch mit Hartz4 Aufstocken müssen sind sie bei weitem nicht die gleiche Kaste wie wie die Hartz4 Empfänger wo beide Elternteile Zuhause Kettenrauchend auf dem Sofa sitzen. Aber durch dieses unseelige Hartz4 Gesetz werden alle auf eine Stufe gestellt.
Was einmal war steht auch auf einem anderen Papier meiner Meinung nach. Wenn ich die heutige Realschule mit der Hauptschule der 70er Jahre vergleiche stelle ich immer mehr fest das die Hauptschule damals eine bessere Bildung war als heute die Realschule. Wobei es die Realschule ja eigentlich gar nicht mehr gibt. Warum wohl?


RE: Soziale Unterschiede in Deutschland! - talisker - 28.02.2014

Reiner, da stimme ich Dir absolut zu. Kinder können grausam sein und es ist Aufgabe der Eltern und ausdrücklich erst recht der "besser gestellten" ihre Kinder zu guten Mitgliedern unserer Gesellschaft zu machen. Dazu gehört eben auch Respekt. Und auch bei den "besser gestellten" gibt es eben Versager.
Daß HartzIV-Empfänger häufig pauschal diskriminiert werden ist leider richtig. Ich hoffe , daß ich nicht den Eindruck erweckt habe, dies auch zu tun. Du hast völlig recht, daß Arbeit und erst recht wenn beide arbeiten, den Lebensunterhalt bestreiten können muß. Dafür muß der Gesetzgeber den Rahmen vorgeben und das ist im Moment nicht immer der Fall. Und wo HartzIV bezogen wird, darf finde ich bei Zuverdienst (z.B. damit die Tochter das Mofa finanzieren kann um zur Ausbildungsstelle zu gelangen) nie und nimmer das gleich wieder abgezogen werden. Da muß noch einiges nachgearbeitet werden.


RE: Soziale Unterschiede in Deutschland! - Reiner - 28.02.2014

talisker, ich kann dir aus eigener Erfahrung berichten wie schnell man in Hartz rutscht heute. Ich bin krank geworden und kämpfe nunmehr seit 2 Jahren was zu machen. Die ARGE schickt mich zum Amtsarzt und will mich zur Rente schieben. Schon kommt der nächste Termin beim nächsten Amtsarzt. Der wiederrum schreibt das es "Vielleicht" wieder besser wird. Wieder zurück bei der ARGE und weiter Hartz4. Fakt ist das ich Plyneuropathie in beiden Beinen habe und nicht mehr wie 300m am Stück laufen kann. Der Tag kommt wo ich nen AOK- Chopper brauche, auch das ist Fakt. Ich habe mit 15 meine Lehre begonnen und werde im April 53 Jahre alt. Ich habe 38 Jahre in alle kassen einbezahlt.
Das schlimmste aber an der ganzen Sache ist das ich ein Jahr in einer Einrichtung arbeitete wo ich zwar nur 1,50€ die Stunde bekam und selbst das nicht mehr machen darf. Aber ich kam mir vor wie ein Mensch der gebraucht wird. Wichtig für einen Menschen ist es das Gefühl zu haben gebraucht zu werden. Dieses Gefühl nicht zu haben ist "sorry für diesen Ausdruck "Scheisse". Sorry wenn das jetzt als "Jammern" ankommt. Ist es auch auf eine Art. Denn selbst so einen Job darf ich nicht machen zur Zeit weil die für Leute gedacht sind die wieder in den 1. Arbeitsmarkt können. Das ist bei mir nicht mehr machbar. Ich werde von vielen als Sozialschmarotzer hingestellt weil ich Hartz4 beziehe. Das zu ändern gibt mir aber keiner die Möglichkeit. Und ich bin sicher das ich kein Einzelfall bin.


RE: Soziale Unterschiede in Deutschland! - talisker - 28.02.2014

Nein Reiner, das kommt nicht als jammern an. Und es tut mir leid, daß es Dir so ergangen ist. Leider bist Du da kein Einzelfall. Wer laut Schema "F" nicht normal arbeitsfähig ist, wird ins System eingepflegt und ist oft nur noch ein Verwaltungsakt. Du befindest Dich wenn ich das recht verstehe im Niemandsland zwischen Berufsunfähigkeit, Frühverrentung und vorübergehender Erwerbsunfähigkeit. Es sind verschiedene Stellen und Kassen zuständig und keiner will Dich haben. Das Gefühl nicht gebraucht zu werden kann nur deprimierend sein, und das wird bei der materiellen Versorgung in unserem Staat bisher weitgehend ausgeblendet.
Übrigens wundere ich mich ohnehin über die geringe Berücksichtigung der Einzahlungszeit in die Sozialkassen und die Toleranz der Gewerkschaften dabei, besonders wenn es um den Rentenanspruch geht


RE: Soziale Unterschiede in Deutschland! - Preißnbeißer - 28.02.2014

Hi. Leider ists so, dass das HartzIV-Bild hauptsächlich von einigen Politikern geprägt wurde und natürlich gerne von der Bevölkerung übernommen wurde. in den Jahren von 1998-2004 war ich in der Türkei und die Vorgänge in den Medien. (ich hatte deutsches Fernsehen) waren in der Tat besorgniserregend als die neuen Gesetze diskutiert wurden. Da zieht man sofort auch die passenden Fälle hervor wie den "Sozialhilfeempfänger aus Mallorca" und es wird dann gleich auf ganze Volksgruppen übertragen. Im Prinzip reichts wenn man mit dem Geld vernünftig haushalten kann auf jeden Fall für ein menschenwürdiges Leben. Ich hatte nach meiner Rückkehr aus der Türkei und der anschließenden Verbüßung meiner Haftstrafe, das Glück, auch in einer sehr guten und liberalen Einrichtung zu landen und kann dort auch gegen sehr geringes Entgelt einer geregelten Arbeit nachgehen. Auf dem freien Markt zu arbeiten wäre wohl ein Ding der Unmöglichkeit, da ich an einer sehr schweren COPD litt und somit gerade zu dieser Zeit ständig krankgeschrieben worden wäre. Hier habe ich im akuten Fall die nötige Pflege und die Unterkunft ist kleine aber durchaus akzeptabel. Vor allem kann ich hier sehr selbstbestimmt leben und bringe mich natürlich entsprechend ein. Werde wahrscheinlich in den Bürgerrat kommen und habe hier meine Heimat gefunden, die schon ein wenig außerhalb des manchmal tristen deutschen Alltags ist. Auch die Gefahr einer Vereinsamung ist hier bestimmt nicht gegeben. Kann hier auch meine Lesungen veranstalten und nehme auch gerne hier am öffentlichen Leben teil.


RE: Soziale Unterschiede in Deutschland! - talisker - 28.02.2014

Hi Blindenhund, so sollte es idealerweise sein. Schön, daß Dir das so gelungen ist. Reiner sitzt momentan offenbar zwischen den Stühlen und auch kann wohl auch keine vernünftigen Pläne machen. Und sich nicht einbringen zu können ist sicher für alle, die eigenverantwortlich und sozial denken, ein nagendes Problem.